Tango bei Nacht


imageEine interessante Nacht. Mit einem Zettel bewaffnet, auf dem meine eigene Adresse und die meines Zielortes steht, zusätzlich die Busnummer und die Haltestellen, habe ich mich gestern auf den Weg gemacht. Bus fahren ist so eine Sache. Es gibt viele Busse, und bisher waren sie alle voll, aber das Rätsel um die Haltestellen ist für mich noch nicht ganz gelöst. In nur wenigen Fällen gibt es irgendwo einen Unterstand, sondern meistens eher eine Art Laternenmast, an dem irgendeine Nummer steht. Für den Kenner und das aufmerksame Auge sichtbar.

Die meisten Strassen, bis auf einige große, sind Einbahnstraßen. Wenn man also weiß, wo man ungefähr einsteigen muß, fährt man zumindest automatisch in die richtige Richtung.  Aber aussteigen ist wieder eine Sache für sich, denn die Stationen richten sich nach den Straßenkreuzungen. Man muß also grob wissen, welche Straße als nächstes kommt. Oder man schreibt sich, so wie ich, einen Satz auf Spanisch auf, um den Busfahrer zu bitten, einem Bescheid zu sagen, wenn man da ist. Das sorgt für Amüsement beim Busfahrer und Aussteigen an der richtigen Haltestelle.

Und dann bin ich ihm zum ersten Mal begegnet: dem TANGO!

Kurz nach Mitternacht in einer Seitenstraße, hinter einer Tür, an der man im Normalfall vorbeigehen würde (ähnlich wie die coolen Berliner In-Bars, von denen man wissen muß, daß sie existieren und wo). Die erste ‚Milonga‘, die ich von innen gesehen habe.

Man stelle sich einen mittelgroßen Ballettsaal vor, ohne Flügel, mit Bar und an den Wänden kleine Holztische und Stühle. Und mittendrin Pärchen zwischen 30 und 40, die langsam vor sich hin schwofen, wie bei einem 5-Uhr-Tanz-Tee. Gegen halb eins nachts. Ich hatte mir Tango generell etwas leidenschaftlicher vorgestellt, aber man hat mir gesagt, daß hier überwiegend geübt wird. Nur der Anfang also.

Und dann kam sie doch noch, die Leidenschaft, das Temperament. Wenn einer die Freundin eines anderen zum Tänzen auffordert und sie dann noch zur Bar begleitet und unangebracht berührt, dann rutscht offenbar schon mal eine Hand aus. Und trifft den Kopf des Nebenbuhlers. Einer Schlägerei wurde durch gutes Zureden Einhalt geboten. Die Musik verstummt, die Türen schließen sich und jeder geht seiner Wege.

Bis zur nächsten Milonga, in einer anderen Nacht…

Und was hat Freud damit zu tun?


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So habe ich also versucht, ein nachmittägliches Schläfchen zu halten in meinem kleinen, sehr kleinen, eigentlich winzigen Zimmer. Mein Blick fiel dabei immer wieder auf das Regal an der Wand über dem Fußende des Bettes. Nicht, daß ich Angst hätte, dass es auf mich stürzen könnte, vielmehr ist die Konstruktion an sich erstaunlich, da es in all seiner Schräglage doch nicht rutscht. Architektur, die begeistert!

Und ich höre mich ein. Oder ich lasse mich einfach einlullen und bilde mir ein, daß ich das ein oder andere verstehe. Aber meistens kommt man mit nicken und lächeln ganz gut hin. Zumindest, wenn man einfach nur zuhört. Wie man mir gesagt hat, sollte man das nicken und lächeln aber in Anwesenheit unvergebener Argentinier nicht unbedingt übertreiben. Logisch.

Ich habe aber tatsächlich einiges verstanden. Daß Mirta Kunst macht und sie dann an Freundinnen verschenkt zum Beispiel, daß in verschiedenen Regionen Argentiniens Dialekte gesprochen werden, und daß Vegetarier angeblich schneller frieren als andere Menschen (schwer zu sagen, ob mir öfter warm wäre mit einem Stück Fleisch im Bauch).

Nur, was Siegmund Freud damit zu tun hat, weiß ich nicht. Der kam aber drin vor, in all dem. Mehrmals. Den Namen habe ich verstanden. Verbuchen wir es vorläufig als Fehlleistung.