Archiv für den Monat März 2014
Ausgeschlossen
Es gibt ja so Tage…
So Tage, die man sich auch sparen kann. So einer war gestern.
Mir ging es immer noch nicht besonders gut, aber irgendwie hatte ich mal wieder Lust auf Nudeln mit einer schön scharfen Tomatensoße.
Ich gehe also zum Supermarkt, um alles Nötige zu besorgen.
In Buenos Aires ist es eigentlich nicht möglich, seinen Schlüssel zu vergessen, denn für gewöhnlich sind die Türen immer von innen verschlossen. Ohne Schlüssel kommt man also erst gar nicht raus.
Doch hier finden sich andere Wege, sich „auszuschließen“.
Zum Beispiel läßt sich die Tür einfach nicht mehr öffnen.
Ich komme zurück vom Supermarkt, will aufschließen, und es geht nicht.
Der Schlüssel läßt sich im Schlüsselloch einfach nicht drehen. Egal, was ich versuche, die Tür bleibt zu.
Leider sind alle Vögelchen ausgeflogen. Die Tochter des Hauses zur Arbeit und der Hausherr zu Besorgungen in die Stadt. Und mein Handy liegt natürlich in meinem Zimmer. Schließlich wollte ich nur fünf Minuten weg bleiben. Ich muß also warten, bis irgendwer nach Hause kommt.
Das wird am ehesten der Hausherr Fernando sein. Aber wann?
Erstmal Kaffee trinken.
Im Café in der Nähe gibt es nur gerade keinen Kaffee. Stromausfall.
Dann eben Limonade. Ist mir jetzt auch egal.
Ich schlage dort ein bißchen Zeit tot, neben mir meine Einkaufstasche, und gedanklich schon im Bett, weil ich mich wirklich nicht wohl fühle. Auf die Nudeln habe ich mittlerweile keine Lust mehr.
Ich kann mich nicht ewig in dem Café ohne Kaffee aufhalten, außerdem will ich ja nicht verpassen, wenn jemand nach Hause kommt.
Ich gehe also zurück. Und warte. Und warte. Und warte.
Wenn man im Schatten steht, wird es schon teilweise sehr kühl. Und mittlerweile stehe ich im Schatten.
Zwischendurch versuche ich immer mal wieder die Tür aufzuschließen, aber die bleibt stur.
Als es mir irgendwann doch zu kalt wird, setze ich mich schräg gegenüber in ein American Diner und bestelle, weil ich ja irgendwas bestellen muß, mit dem ich eine Weile bleiben kann, eine Portion Pommes.
Die Pommes sind schrecklich, aber wenigstens taue ich langsam wieder auf.
Und dann kommt Fernando. Insgesamt sechs Stunden später!
Und er kann die Tür auch nicht aufschließen. Vor Ewigkeiten sei das schon mal passiert, sagt er. Vor Eeeewigkeiten.
Da stehen wir also. Vor der blöden Tür, die uns nicht reinlassen will.
Da fällt ihm was ein. Er läßt sich vom Automechaniker um die Ecke den Schlüssel zerteilen und siehe da… Mit einem halben Schlüssel läßt sie sich öffnen, die sture Tür.
Fernando leitet umgehend Präventionsmaßnahmen ein, und läßt auf der Stelle für jeden Hausbewohner einen Schlüssel zu seinem Büro kopieren. Nur so für alle Fälle. Daß wir wenigstens irgendwo reinkommen.
Ich leite weitere Auftaumaßnahmen in Form von Wärmflasche und Tee ein, aber die Bronchitis ist trotzdem heute da.
Und natürlich war auch noch ein Ei in der Einkaufstasche kaputt, so wie es sich für so einen Tag gehört. So Tage, die man sich auch sparen kann.
Muppet Apotheke
Da hat es mich doch ganz schön erwischt. Halsschmerzen und Rotz vom Feinsten (Entschuldigung, aber so ist es nunmal).
Keine Lust auf krank!
Fernando sieht das auch so und schreibt mir den Namen eines Medikaments auf, daß ich mir besorgen soll. Hilft immer, sagt er.
In der winzigen Apotheke um die Ecke bin ich zum ersten Mal.
Hinter dem Schalter steht ein ältlicher Herr und davor sitzen zwei rüstige Knaben, die da eben einfach so sitzen, weil sie offenbar sonst nichts zu tun haben. Mit dem Rücken zur Wand, nebeneinander und mit Blick auf die Tür.
Spontan fühle ich mich an die beiden Alten aus der Muppet Show erinnert.
Ich gebe dem Herrn meinen Zettel mit dem Namen des Medikaments, und er fängt sofort an zu scherzen und mit seinen beiden Muppet Kumpels zu lachen. Mich fragt er auch irgendwas, aber ich verstehe ihn einfach nicht.
Bei pharmazeutischen Fachbegriffen hört es bei mir auf.
Dann erzählt er mir irgendwas von Sparen. Wieviel er spart, oder was ich mir besser spare… Keine Ahnung!
Schließlich kramt er aus einem Schuhkarton die gefragten Pillen. Wie viele ich will?… Ach, gib mir zwei Packungen. Man weiß ja nie.
Er lacht, und meint, das gefalle ihm.
Die Muppet Brüder lachen mit. Und ich kann mir das Grinsen auch nicht verkneifen.
Mit meinem frisch erworbenem Breitbandantibiotikum für umgerechnet keine zwei Euro und dem Schalk der drei Herrn aus der Apotheke im Nacken gehe ich nach Hause. Heute ein Tag im Bett. Mit Wärmflasche natürlich. Und den Muppet Wunderpillen.
Also, wenn das alles nicht hilft…
Mein rosa Herz
Seit Mai war ich nicht mehr krank.
Zu Zeiten fester Arbeit war ich im Abstand von maximal zwei Monaten mindestens einmal erkältet, vergrippt, entzündet oder was weiß ich.
Nicht, daß ich damit sagen will, feste Arbeit sei schlecht. Noch dazu hatte ich einen Chef, der uns lieber zum Arzt und ins Bett geschickt hat, als uns im Büro leiden zu lassen. Aber so richtig Zeit zum gesund werden, hat man irgendwie doch nicht, und letztendlich wandern die Bakterien und Viren immer schön im Kreis, von einem zum nächsten und zurück.
Nun, seit Mai ist schon ziemlich lang, da dachte sich mein Körper wohl, daß es mal wieder an der Zeit sei. So für die Quote. Und schließlich schnieft und niest es momentan an allen Ecken.
Meine Eltern, die mittlerweile wieder in Deutschland sind, reisten mit Halsschmerzen ab, und in meiner argentinischen Familie und näheren Umgebung ist gerade von Schnupfen bis Fieber alles vertreten.
Man kann es meinem Körper also nicht wirklich verdenken, daß er gerne dazu gehören möchte.
Seit meine Eltern weg sind, ist auch das Wetter in Buenos Aires schlechter geworden. Schlagartig.
Seit Monaten trage ich sogar tagsüber wieder lange Hosen.
Und nachts wird es für mein Empfinden schon ungemütlich frisch und kühl.
(Allerdings bin ich eine klassische Frostbeule.)
Wie gut, daß meine Mutter mir, auf mein Bitten hin, etwas mitgebracht hat. Etwas, was man hierzulande eher selten oder vielleicht gar nicht findet: eine Wärmflasche!
Die gute, alte Gummiflasche, die man mit heißem Wasser füllt.
Vor wenigen Minuten hatte sie ihren ersten Auftritt.
Mit meinem herzförmigen, rosa Fläschchen hab ich mich in die Küche geschlichen, es mit kochendem Wasser gefüllt und blieb zum Glück unbemerkt. Gerade keine Lust auf Erklärungen, nur auf Wärme.
Und während meine Nase noch fröhlich weiter läuft, hüllt sich der Rest in kuschelig wohlige Temperaturen.
Man muß vielleicht manchmal eine Erkältung hinnehmen, aber kalte Füße braucht kein Mensch!