Und weg


Es ist unser letzter Tag in Vietnam. Wir sind so entspannt, wie man es sich wünscht, im Urlaub zu sein. Erstmal in Ruhe Kaffee, dann noch eine Kokosnuss für unterwegs. Wir wandern durch die Stadt und schauen uns alles an, was der Reiseführer empfiehlt. Uns geht es nur noch darum, einen Eindruck zu bekommen. Heute kein Sightseeing extrem mehr, alles in Ruhe. Nach ein paar Stunden kehren wir erhitzt zurück ins Hotel. Bei 38 Grad ist eine Dusche fällig.

Der verwirrte Junge im Eingangsbereich ist gerade nicht da. Gut so. Nach zwei Stündchen Pause zum Runterkühlen beschließen wir, dass es bereits beer O‘ Clock ist. Wir setzen uns wieder an die Straße und schauen dem, noch ruhigen, Treiben zu.

Dann noch einmal Abendessen. Diesmal haben wir richtig Glück. Direkt in unserer Straße bietet ein Restaurant auch vegetarische Speisen an. Wir bestellen fast alles und sind begeistert.

Am Abend steht noch der Besuch einer Sky-Bar an. An sich nicht so mein Ding. Sowas ist zwar hübsch, aber wenn man nicht weiß, was man da so sieht an bunten Lichtern, finde ich es nicht so spannend. Aber ich reise ja nicht allein und lasse mich sowieso gerne auf Dinge ein.

Die Sky-Bar ist schick und teuer und bietet Aussicht auf die ganze Stadt. Wir bleiben für ein Getränk, aber mich zieht es wieder auf die Straße. Ins Geschehen. Ich möchte beobachten und mitten drin sein. Vor allem am letzten Abend. Zum Glück bin ich mit meinen Gedanken nicht allein und so sitzen wir kurze Zeit später wieder mit unserem Bier auf Kinderstühlen am Straßenrand.

Ein Wegbier ist noch drin. Zurück im Hotel treffen wir auf unseren verwirrten Freund. ‚Wieso wir Bier hätten?‘ ‚Wieso denn nicht?!‘ Er habe uns doch gestern auf ein Bier einladen wollen und wir hätten gesagt, dass wir das nicht mögen. Jetzt reißt mir aber wirklich der Geduldsfaden. Schluss jetzt mit dem wilden Zeug! ‚Tomorrow. 6 O‘ Clock. Airport. Ok?‘ Das ist alles, was mich interessiert.

Schlaf finde ich wieder nicht. Aber diesmal muss ich wenigstens kein nächtliches sackhüpfen spielen.

Um viertel vor sechs stehen wir unten im Eingangsbereich auf der Matte. Außerdem noch eine bezaubernde indonesische Familie, die ebenfalls zum Flughafen will.

Der Kerl vom Hotel sitzt auf dem Sofa und reibt sich die Augen.

Wo ist der Shuttle, frage ich ihn. Er schaut mich erstaunt an. Oh, Shuttle. Moment.

Dann geht er raus und telefoniert. Und telefoniert. Und telefoniert.

Dann kommt er wieder und sagt, wir sollten uns vorne an die Straße stellen, da würde dann jemand kommen. Nein, mein Freund. Du kommst mit! Bis der Shuttle da ist.

Ihm bleibt keine Wahl. Er begleitet uns und die indonesische Familie an die Straße. Tatsächlich wartet ein Wagen. Einer. Für die Familie. Und wir?

Jaaaaa, kommt gleich. Wir sollen warten. Aber Du bleibst hier!

Dann fängt er wieder an mit Geld. Plötzlich nennt er uns den doppelten Preis von dem, was wir bereits bezahlt haben.

Ich bin kurz davor, ihn zu schütteln, um seine verknäulten Hirnwindungen irgendwie zu entwirren. Da kommt tatsächlich ein Auto und hält vor uns. Ein älterer, sehr freundlicher Fahrer steigt aus, lädt unsere Koffer ein. ‚Wir haben schon bei ihm bezahlt. Das ist ok, oder?‘, frage ich ihn. ‚Ja, das Geld hole er sich bei ihm wieder.‘ Sehr gut.

Und dann fährt er uns tatsächlich zum Flughafen.

Vietnam. Ich würde wieder kommen.

Wilde Nacht


Dass unsere Nacht ruhig und friedlich würde, haben wir nicht erwartet. Wenn man ein Hotel in der lautesten Straße Saigons hat, ist die Vorstellung von ungestörtem Schlaf absurd. Aber wir haben ja unsere Oropax.

Der arme Junge, der den Laden schmeißt allerdings, scheint sein Leben an der Rezeption zu verbringen – und das bedeutet nicht, eine bequeme Theke in einer großen Eingangshalle. Wenn man das Hotel betritt, steht man mittendrin – in seinem Wohnzimmer, Schlafzimmer und Büro. Der winzige Raum mit Sofa und kleinem Schreibtisch ist alles.

So hatte er uns auch vorher gesagt, dass wir klingeln müssten, wenn wir nach Mitternacht zurück kämen. „Oh“, sage ich, „dann holen wir Dich von irgendwoher aus dem Bett?“ „Ich schlafe hier!“, antwortet er und zeigt auf das Sofa direkt neben der Tür. Er schläft also auf einer kleinen Couch neben der lautesten Straße Saigons und wird regelmäßig von feiernden und nicht feiernden Gästen aus dem Schlaf geklingelt. Ungefähr genauso sieht er auch aus. Ringe unter den Augen, verstrahlter Blick. Allerdings könnte da auch noch die ein oder andere Substanz involviert sein. Jedenfalls versteht auch er fast nichts. Er will uns aber mitteilen, dass er 23 und Single ist. Na, dann. Nicht interessiert, danke.

Gleich bei Ankunft hatten wir gesagt, dass wir sein Angebot des Airport-Shuttles in Anspruch nehmen wollen. Sonntagmorgen um 6 Uhr. Er macht große Augen, nickt aber. Ein bisschen seltsam ist er schon.

Wir fallen wirklich müde ins Bett. Von Matratze kann keine Rede sein. Es ist eher ein Holzbett mit einer bezogenen Wolldecke als Unterlage. Naja, hart schlafen soll ja gut für den Rücken sein.

Ich presse mich in meine Sleeping Bag, stöpsele mir die Oropax ein und versuche es mit ein bisschen Schlaf. So richtig gelingt es mir nicht. Ich denke an meine Wolkenmatratze zu Hause, aber die Erinnerung macht es nicht besser. Es ist eine Nacht mit eher so einer Art Sekundenschlaf.

Um halb sechs auf einmal hämmert es gegen unsere Tür. Erst denke ich, dass ich mich geirrt habe, oder dass es eines der vielen Geräusche von draußen ist, dass lediglich lauter ist. Aber nein: es hämmert wieder. Ich fahre hoch vor Schreck. Oh nein, denke ich. Jetzt hat der arme Kerl das falsch verstanden und dachte, dass wir heute schon zum Flughafen wollen. Dabei haben wir doch schon für zwei Nächte bezahlt. Aus der Sleeping Bag komme ich nicht schnell genug raus. Ich spiele also Sackhüpfen bis zur Tür. Mit den Ohrstöpseln in der Hand öffne ich. Da steht der Kerl, verpeilter, gequälter Blick. Ich presche gleich vor: ‚no, no. Tomorrow. Tomorrow 6 o‘clock Airport.‘ Ich habe festgestellt, dass ich bei Menschen, die kaum Englisch sprechen, sofort in ein astreines Pidgin English verfalle, was mir im Nachhinein immer etwas peinlich ist.

Wie auch immer – er druckst nur rum, sagt erstmal nichts. Und dann sagt er: ‚silence please‘. Ich traue meinen Ohren nicht. Wie bitte? Ja, wir sollen leise sein, wir seien so laut. Ernsthaft??? Hat er uns atmen hören? Er wohnt, schläft und arbeitet an der lautesten Straße Saigons und meint, dass wir seinen Schlaf stören?

Ich zeige auf meine Sleeping Bag und die Ohrstöpsel und sage ‚no, no. Not loud. Sleeping. No talking. Nothing.‘ und mache die Tür zu.

Ein bisschen erwacht im Nachhinein der Gedanke, dass der 23jährige Single einfach mal sein Glück bei den zwei deutschen Mädels versuchen wollte. Aber das bleibt natürlich Spekulation.

Am Folgetag hält er uns sein Handy hin. Per Google Translater hat er eine Entschuldigung aufgeschrieben, die irgendwas mit einer schreienden Frau zu tun hat, die erst ausgecheckt habe und dann wieder reingerannt kam. Er sei nur besorgt gewesen. Wer weiß, wie viele wirre Geschichten sich in seinem von Schlaflosigkeit gefolterten Hirn zu dieser hier gesponnen haben.

Wir erinnern ihn erneut an den Flughafentransfer um 6 Uhr morgens für den nächsten Tag. Er schaut überrascht. Dann möchte er, dass wir bezahlen. Wir erinnern ihn daran, dass wir bereits bezahlt haben. Dann nennt er uns einen anderen Preis. Ich werde ungeduldig. Ich haue ihm mein feinstes Pidgin English um die Ohren, so dass der kleine Junge noch kleiner wird. Jetzt will ich eine Rechnung. Die gebe es nicht, sagt er. Oh doch, mein Freund. Die gibt es jetzt! Ich verlange Stift und Zettel und schreibe die Rechnung selbst. Ich habe das Gefühl, dass er etwas zittert. Freiwillig zeigt er mir seinen Reisepass, damit ich seinen Namen abschreiben kann, und er unterschreibt. Zugegeben: ein offizielles Dokument sieht anders aus, aber ich habe zumindest was in der Hand. ‚Tomorrow! 6 O‘Clock! Don‘ t forget!‘

Auf nach Saigon


Unsere letzten beiden Nächte verbringen wir in Ho Chi Minh City, ehemals Saigon. Wir haben eine Unterkunft gebucht, die wohl mitten im Geschehen liegt. Was auch immer das heißt, aber zumindest in Hanoi haben wir damit gute Erfahrungen gemacht.

Vom Flughafen zum Hotel sind es nur acht Kilometer. Der Taxifahrer will aber trotzdem einen horrenden Preis (für vietnamesische Verhältnisse) haben. Dann nehmen wir eben den Bus. Der kostet fast nichts und hält direkt vor unserer Zielstraße, wie wir erfahren. So sehen wir auch schon einiges von Saigon, denn der Bus fährt natürlich ein paar Schlenker (was der Taxifahrer aber vermutlich auch mit uns gemacht hätte).

Wie Hanoi ist Saigon laut und voller Roller und Mopeds, aber insgesamt deutlich westlicher. Die Straßen sind breiter, weitaus mehr Gebäude zeugen von der einstigen Anwesenheit der Franzosen. Zum ersten Mal in Vietnam sehen wir auch bettelnde Menschen, wenn auch nicht viele.

Unser Hotel liegt in einer winzigen Seitenstraße der Hauptschlagader des Nachtlebens. Mittendrin ist nicht untertrieben.

Wir zahlen bei Ankunft, der junge Mann – wieder mal kleiner als wir – lässt es sich nicht nehmen, unsere insgesamt 40 Kilo Gepäck auf einmal die zwei Etagen über die enge Treppe hochzutragen.

Das Zimmer hat Jugendherbergsflair; ein Hochbett und Dusche und Toilette sind ein ungetrennter, einziger kleiner Raum – praktisch: beim Duschen wäscht man immer automatisch die Toilette mit.

Wir sind zufrieden, nur die Bettdecke ist nicht so sauber, aber wir haben ja unsere Sleeping Bags.

Noch am selben Abend wollen wir natürlich ein bisschen von der Stadt sehen. Und was essen müssen wir auch. Wir haben uns vorher ein vegetarisches Restaurant ausgeguckt. Heute keine Anstrengungen mehr, bitte. Auf dem Weg dahin lassen wir uns aber dann doch noch von einem Streetfood-Stand verführen. Es gibt verschiedene Farben von Reis mit Kokosmilch und Salz. Irgendwie schräg. Ich weiß nicht, ob ich es als süß oder herzhaft einstufen soll, aber schlecht war es nicht.

Als wir zurück in unsere Straße kommen, sind wir baff. Mittlerweile hat sie sich in einen regelrechten Hexenkessel verwandelt. Sie ist brechend voll mit Menschen jeder Nation, aus jeder Bar schallt andere, laute Musik, die knapp bekleideten Damen stehen teilweise davor und bieten ihre persönlichen Vorzüge an. Dazwischen schlängeln sich Händler auf ihren Fahrrädern hindurch und bieten Eier und getrockneten Fisch an.

Wer die Große Freiheit in Hamburg kennt, hat eine Ahnung, nur gleichzeitig inklusive Reeperbahn und das Mal zehn auf nur einer, relativ kurzen Straße.

Wir setzen uns auf die alt bewährten Kinderstühle am Straßenrand vor einem kleinen Imbiss, bestellen uns ein Bier und schauen dem Treiben einfach nur zu.

Wir sitzen da sicher drei Stunden bis uns irgendwann die Müdigkeit übermannt.

Aber das war besser als Kino!

Butter statt Pfeffer


Unser geplanter Ausflug wurde mangels Teilnehmer um einen Tag verschoben. Nicht so schlimm, dann widmen wir uns dem Strand. Trotzdem freuen wir uns auf unsere kleine Tour durch den Norden der Insel. Schließlich sollen wir lernen, wie der hiesige Pfeffer angebaut und produziert wird, wie man Austern züchtet und Honig macht. Darüber hinaus haben wir eineinhalb Stunden an einem der angeblich schönsten Strandabschnitte der Insel und besuchen einen Nationalpark.

Am entsprechenden Morgen stehen wir also pünktlich mit Bikini und Handtuch in der Tasche parat und warten auf unseren Tourguide.

Es hat die Nacht durchgeregnet. Und nicht nur ein bisschen, sondern so, als würde sich alles Wasser der Welt über der Insel ergießen. Immer, wenn man dachte, dass es nicht stärker werden könne, legte der Himmel noch einen drauf. Ohrenbetäubende Lautstärke.

Jetzt ist es aber trocken und warm sowieso. Wir sind also guter Dinge.

Unser kleiner Ausflugsbus kommt pünktlich, außer uns sind noch sieben weitere Personen dabei. Los geht die Fahrt. Als erstes besuchen wir die Pfefferfarm, sagt der Guide. Mehr sagt er nicht. Auch nicht viel mehr, als wir auf der Pfefferfarm sind. Nur, dass das eine Pfefferpflanze ist und da der Shop, wo wir ihn kaufen können.

Austern sehen wir gar keine, wir werden direkt zum Perlenladen geschleust.

Rein in den Bus, 200 Meter Fahrt, raus aus dem Bus. Von einem Shop in den nächsten. Schnell wird uns klar, dass das hier nicht der Ausflug ist, den wir uns erhofft hatten, sondern eine vietnamesische Butterfahrt. Lediglich auf der Bienenfarm können wir etwas zwischen den Bienenstöcken herumlaufen und man öffnet uns den Deckel, damit wir reinschauen können. Da dort aber wieder mal kaum jemand englisch spricht, kann uns auch niemand unsere Fragen zur Produktion beantworten.

Inzwischen hat es wieder angefangen zu regnen. In den Nationalpark können wir so nicht, sagt der Guide. Zu nass.

Entschuldigung? Das ist das einzige, was den Tag noch retten kann.

Vielleicht später, sagt er. Erstmal fahren wir an den Strand. Dort gibt es Mittagessen. Na toll. Bei Regen an den Strand.

Eigentlich dachten wir, dass „Essen am Strand“ irgendwas idyllisches mit Picknick-Atmosphäre ist, wir werden aber in ein Restaurant gekarrt, dass am Fließband Anreisende versorgt. Wir kriegen einen Teller Nudeln mit Sellerie. Wenigstens gibt es ein Bier dazu. Das brauche ich gerade wirklich. Nach dem Essen haben wir noch eine Stunde Zeit, sagt der Guide. Wir könnten uns ja den schönen Strand anschauen. Immerhin hat es aufgehört zu regnen.

Wir gehen also runter zum Strand – und sind regelrecht erschlagen! Erschlagen vom Geruch nach Müll, vom Plastik, das überall herumliegt, von der Öllache, die über ein Rohr ins Meer sickert, von den Ölringen, die sich bereits auf dem Wasser gebildet haben. Hier wären wir auch bei schönstem Sonnenschein nicht reingegangen.

Wir laufen noch etwas weiter und sehen ein Fleckchen, das einst schön gewesen sein muss. Wie stumme Zeugen einer anderen Zeit stehen hier verwitterte Holzliegestühle in einer kleinen Bucht, mittlerweile ebenfalls umgeben von Müll. Es erinnert uns an die hübsche Anlage, durch die wir täglich zum Strand laufen, die offenbar dem Tode geweiht ist, denn das schnelle Geld liegt nicht in der Bewahrung der Natur und Umgebung, sondern der Massenabfertigung in großen Betonhotels.

Der Umgang mit dem Tourismus auf der Insel ist fatal.

Auf der Weiterfahrt kommen wir an einer Ebene vorbei, auf der sich nur Straßen befinden. Was einst hier stand, wurde abgeholzt. „Hier entsteht eine neue Stadt“, sagt der Tourguide. Und ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis die Natur hier komplett der Gier gewichen ist.

Schließlich können wir doch noch in den Nationalpark. Dafür hätten wir aber auch keine Tour gebraucht. Wir gehen lediglich auf einem Pfad nicht mal einen Kilometer durch den Regenwald spazieren. „Früher gab es hier Tiger“, sagt der Tourguide. „Aber die sind zum Glück alle tot oder in Laos. Es gibt keine Tiger mehr in Vietnam. Dafür hat die Army schon gesorgt. Die Krokodile hier haben wir alle in ein Gebiet getrieben. Das ist jetzt eingezäunt. So haben wir unsere Ruhe vor ihnen.“

Ich habe genug gehört. Zum Glück sind wir um kurz nach drei schon zurück an der Unterkunft. Die Sonne scheint mittlerweile und wir legen uns nochmal an unseren Strand, der offenbar zu den wenig noch schönen Orten der Insel gehört.

Ich mache das selten, aber hiermit appelliere ich an alle Reisenden: fahrt nicht dorthin. Unterstützt den Wahnsinn nicht. Wer an den Strand will… auf Malle ist es auch schön!

Auf der Jagd


Mein Highlight am Strand ist die Dame, die mit ihrer Schultertrage vorbeikommt, die Körbe voller Obst. Sie ist die einzige, glücklicherweise ist der Strand nicht voll mit Menschen, die ihre Sachen anpreisen. Immer wieder haben wir den Abschnitt, an dem wir liegen, ganz für uns allein.

Ich taufe sie Miss Coconut und ab jetzt erwarte ich sie bei unseren Strandbesuchen sehnlich. Sie schneidet uns eine Ananas auf in Scheiben, die wie kleine Windräder aussehen, Mangos, für jeden eine Kokosnuss zum Trinken und als Bonbon gibt es noch eine Maracuja für jede. Während mir der süße Ananassaft auf die Beine tropft und mir irgendwann vor lauter Fruchtsäure die Mundwinkel einreißen und die Zunge brennt, bin ich hochgradig glücklich. So stelle ich mir einen Strandtag vor. Und ich bin erstaunt, wie durstlöschend eine Kokosnuss ist. Eine einzige der noch grünen, voll gefüllten Nüsse bringt mich über den Nachmittag. So eine tolle Erfindung der Natur, denke ich. Sie bringt ihren eigenen Behälter und auch noch einen Henkel zum Tragen mit. Je nach Reifegrad kann man sie danach auch noch aufbrechen und das Kokosfleisch essen. Ich bin begeistert. Zugegeben; das sind Gedanken, die man sich macht, wenn man bei 35 Grad, leichtem Wind, herrlicher Sonne, Meer und Palmenschatten an nichts anderes denken muss.

Das Essen am Abend gestaltet sich leider nicht so einfach. Auf der Insel sind Fisch und Meeresfrüchte in fast jedem Restaurant die dominierenden Zutaten. Naheliegend, wenn das Meer vor der Haustür liegt. Überall sehen wir Meeresfrüchte-Barbecues. Neben den Grills liegen auf Eis die frischen Meerestiere, die dann auf dem Rost mariniert und mit Soßen gereicht werden. Es sieht wirklich gut aus, riecht sogar gut. Aber bei Meeresfrüchten hört bei mir leider die Probierfreudigkeit auf – jeder Versuch ist bisher in einer Gänsehaut vor Ekel geendet. Hauptsächlich wegen der Konsistenz.

Alle Restaurants bieten mehr oder weniger das gleiche an. Also spazieren wir ein wenig herum, bis wir auf ein thailändisches Restaurant stoßen. Das könnte doch auch gut sein. Thai esse ich sehr gern und hier sind wir, räumlich gesehen, ja nicht mal weit weg.

Leider entpuppt sich das sogar relativ teure Essen als Reinfall. Es schmeckt nach Tiefkühlgemüse in Kokosmilch ohne weitere Gewürze. Schade. Der Hunger treibt es rein, aber wir beschließen, dass wir irgendwo wieder Streetfood oder Garküchen finden müssen. Das war bisher mit am Besten.

Am nächsten Abend laufen wir also nach Duong Dong. Dort soll es einen Nachtmarkt geben. Gibt es auch. Aber auch hier nur Meeresgetier. Und es ist alles sehr teuer.

Wir laufen also durch die Seitenstraßen auf der Jagd nach Nahrung und mittlerweile habe ich wirklich großen Hunger.

Dann entdecken wir wieder einen der kleinen Mini-Wägen an der Straße. Daneben stehen die schon bekannten bunten Kinderstühle und passende Tischchen. Die Dame hinter dem Wagen bietet Pizza an. Ich schlage vor, uns hier eine kleine Pizza zu teilen, damit wir in Ruhe weitersuchen können. Wir bestellen bei ihr die Veggie-Version – sie hat Bilder der Pizzen, die sie machen kann – und sehen ihr zu: auf den fertigen Rohling haut sie etwas Tomatensoße, viel Mais, viele Zwiebeln, viel Paprika und dann Mayonnaise, dann Käse, dann Mayonnaise und nochmal Käse. Sie hat zwei kleine, elektrische Backöfen, die von einem anderen Mädchen bewacht werden. Wir nehmen Platz auf einem der Kinderstühle zwischen den anderen vietnamesischen Frauen und warten.

Man schaut uns mit großen Augen an. Keiner hier scheint auch nur ein Wort englisch zu sprechen, aber das macht auch nichts. Ein Lächeln sagt mehr als tausend Worte. Das Interesse der anderen ‚Restaurantbesucher‘ bekunden wir mit einem ebensolchen und stoßen damit offensichtlich und Wohlwollen. Und dann kommt das gute Stück. Doppelt Käse und doppelt Mayonnaise. Wir hauen noch ordentlich Chilisoße drauf und beschließen, dass wir doch eigentlich gar nicht weitersuchen müssen. Wir bestellen eine zweite Pizza hinterher. Die Mädels um uns herum lachen und wir sind anschließend wirklich satt.

Gut, dass wir noch zwei Kilometer Heimweg haben.