Sri Lanka 6 – Rauf auf den Berg


Unser Tag beginnt früh. Eigentlich sogar noch früher, weil die buddhistischen Gebete singenderweise bereits um 5 Uhr den Morgen einläuten und das dann etwa eine Stunde lang.

Heute soll es auf den Berg gehen. Den berühmten Sigiryia. Wobei… So ganz sicher sind wir noch nicht, denn es gibt einen Nachbarberg, der auch wunderschön sein soll, aber nicht so überlaufen. Da die Berge so nah beieinander liegen, können wir das noch spontan entscheiden. Ersteinmal Kaffee.

Unser Gastgeber hat uns freundlicherweise einen Kaffee gekocht, den wir – nachdem er sich kurz rumdreht – schnellstmöglich im Ausguss entsorgen. Bei aller Liebe, aber das war Schimmelwasser! Es geht also ohne Kaffee los. Unser Fahrer ist freundlich, sagt aber nicht so viel. Wir fragen ihn, welchen Berg er besser findet.
Wenn wir Religion und Kultur wollen, dann Sigiryia, denn der ist so eine Art Heiligtum, die Aussicht und die Höhe sind bei beiden allerdings gleich, sagt er uns. Und übrigens: Sigiryia kostet mehr als das 10fache.

Dann ist doch die Entscheidung schnell gefällt. Wir nehmen Pidurangala.

Auf dem Weg dahin kommt dann doch noch ein bisschen Butterfahrt. Der Fahrer hält an einem Kräutergarten. Wir stimmen eigentlich nur zu, weil wir auf die Toilette müssen, aber an den haarsträubenden Erklärungen des pummeligen und etwas kurzatmigen „Kräuterkundlers“ kommen wir nicht vorbei. Er läuft durch den Garten, zeigt uns Kräuter, die es auch bei uns gibt und beschreibt deren regelrecht magische Wirkung. Eigentlich dürfte kein Mensch mehr alt werden, dick sein, Potenzprobleme haben, unter Migräne leiden, Cellulite bekommen oder krank werden. Wir fragen uns nur, warum er dann offensichtlich nicht selbst seine Wunderelixiere nimmt.

Und dann kommt der Moment: er mischt zwei Öle in seinen Patschehänden und fragt, wer sie mal testen möchte. Freiwillige vor. Wie im Film gehen meine zwei Mitreisenden einen Schritt zurück, ich stehe vorn und habe auch schon Bruchteile von Sekunden später seine Finger im Gesicht. Und er nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Er reibt und knetet und verteilt. Bis ich irgendwann zurückweichen muss, auch auf die Gefahr hin, unhöflich zu sein. Zu viel der fremden Hände in meinem Gesicht und das Zeug riecht komisch.
Er merkt dann auch schnell, dass wir nicht zu seinem Klientel gehören und entlässt uns, ohne dass wir mit ihm in den Shop gehen müssen. Auf die Toilette dürfen wir trotzdem.

Es ist heiß, wir sind ausgerüstet mit Wasser, Sonnencreme und Turnschuhen. Alles für den Berg. Trotzdem müssen wir Klamotten kaufen, sagt der Fahrer. Vor dem Berg durchläuft man eine Tempelstätte – Arme und Beine müssen also bedeckt sein. Na toll. Er steuert irgendeinen Laden an, der heute offen hat, denn zufällig ist auch noch ein Feiertag.

In dem Laden haben wir die Wahl zwischen hässlichen Kitteln und noch hässlicheren Kleidern. Wir entscheiden uns für zwei echte Schönheiten, die zum Glück aber umgerechnet zusammen nur 4€ kosten. Der Fahrer lacht: das tragen die Frauen in Sri Lanka ausschließlich zu Hause. Nun, ich werde damit durch einen Tempel laufen.

Und dann sind wir endlich da. Pünktlich zur Mittagshitze beginnen wir mit dem Aufstieg. Ich stilecht im Kittel. Zum Glück muss ich den nur auf der Anlage tragen und kann mich danach davon befreien. Am Tempeleingang kann man übrigens kostenlos Tücher leihen, um Arme und Beine zu bedecken.

Es ist zwar heiß, aber wir laufen unter Bäumen, die am Berg entlangwachsen. Stetig geht es bergauf, die Aussicht wird schöner, wir steigen höher. Dann kommt das letzte Stück. Keine Stufen mehr, die uns nach oben führen. Wir müssen durch ein Nadelöhr von Felsen klettern. Die Rucksäcke müssen wir absetzen und vorschieben, weil die Passagen zu eng sind.
Man hilft sich gegenseitig. Die Sri Lankaner haben den Feiertag genutzt und sind inklusive Kleinkinder auf den Berg geklettert. Wir helfen ihnen herunter, sie helfen uns hinauf. Wir halten Babies, während die Mütter sich durch die Felsen quetschen, und reichen sie hinterher.

Dann sind wir endlich oben. Und werden für den Aufstieg belohnt. Der Ausblick ist so atemberaubend, dass man den Moment kurz einfangen möchte. Wir schauen direkt auf den Sigiryia und sehen, wie sich die Leute dort dicht gedrängt die Stufen in sengender Hitze hochschieben und haben das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.

Wir atmen die Weite ein. Für einen kleinen Augenblick fühlt es sich an, als könnten wir fliegen.

Sri Lanka 5 – Hoch hinaus


„Sweetie“ ist ein guter Fahrer. In den vier Stunden bis Kandy erklärt er uns immer wieder, was wir so sehen, zeigt uns einen Baum, in dessen Krone hunderte von Flughunden hängen und weicht geschickt sämtlichen Bussen und Tuk Tuks aus, die zufällig gerade auf unserer Spur fahren oder die ihm beim Überholen entgegenkommen.

Ein kleines Missverständnis ergab sich noch am Morgen mit Ranga. Er meinte, dass uns der Fahrer bestimmt in den Blumenladen bringen würde, aber da könnten wir ja kurz rein und abgehakt wäre die Sache. Naja, wir wissen zwar nicht, was wir in einem Blumenladen sollen, aber wenn es für den Fahrer wichtig ist… Aber Blumen kaufen wir bestimmt nicht. Was sollen wir denn damit?

Kurz vor Abfahrt haken wir nochmal nach: Blumenladen? – Ja, Blumenladen. Das ist schön, da könnt Ihr rumlaufen.
Da fällt es meiner Reisebegleitung wie Schuppen von den Augen: Blumen Garden???
– Ja, ja, sag ich ja. Der ist sehr bekannt.
Ach, der botanische Garten? – Ja, ja. Der ist wirklich sehr schön!

Nun, wir sind etwas erleichtert, dass wir nicht aus Höflichkeit Blumen kaufen müssen. Wirklich keine praktische Gepäckbeilage. Aber in den botanischen Garten wollen wir auch nicht. Das Land zeigt so fantastische Vegetation, dass man sich kaum satt sehen kann, da brauchen wir keine künstlichen Anlagen.

Also, direkt nach Kandy.
Dort angekommen, geht es hoch und höher. „Sweetie“ schlängelt den Van durch kleine Straßen, die immer höher den Hügel hinaufklettern. Unsere 7€-Unterkunft lässt wohl weit blicken. Und so ist es.
Gefühlt am höchsten Punkt liegt das großzügige Haus mit Blick auf die gesamte Stadt. Wir sind begeistert!

Der Besitzer empfängt uns wieder einmal mit viel Herzlichkeit und gibt uns, begleitet von stetem Kopfwackeln, Tipps für gute Restaurants.

Wir machen uns auf in die Stadt. Runter vom Berg wird ja wohl noch gehen, vielleicht gibt’s auf dem Rückweg dann ein Tuk Tuk.

Kandy ist laut! Und hektisch und voll. So ziemlich das Gegenteil vom beschaulichen Strandabschnitt, an dem wir die letzten zwei Tage verbracht haben. Überall gehen die Menschen ihrem Alltag nach. Preisen Waren an, kaufen ein, kommen von der Arbeit. Es fällt auf, dass man außer uns nur wenige Europäer sieht. Auswirkungen von Corona?

Wir finden eines der empfohlenen Restaurants und retten uns hinein. Weg von den Massen, weg von der Hektik und Lautstärke. Das Stresslevel, das morgens noch bei 0 lag, senkt sich gerade von 90 auf ca. 80.
Aber zumindest essen wir wirklich gut. Dosas. So eine Art frittierter Teig mit Füllungen nach Wahl und verschiedenen Dips, wie Kichererbsencurry und Linsen-Curry. Total gut, aber auch total sättigend.

Wir beschließen, erstmal ein paar Meter zu laufen, aber in jedem Fall den Weg Richtung Unterkunft anzutreten. Genug der Hektik. Tatsächlich laufen wir den gesamten Berg hoch. Schweißgebadet, aber auch ein bisschen stolz waschen wir uns den Staub der Stadt ab.

Wir lassen den Tag sacken mit Blick auf die hektische Stadt. Da fliegen ein paar Flughunde an uns vorbei. Batman live, auch spannend.

Für morgen früh hat uns der Besitzer schon einen Fahrer organisiert. Denn wir wollen noch weiter hinauf. Schweiß und Muskelkater werden nicht ausbleiben…