Abschied


Zum letzten Mal am Tigre auf Bootstour,
Zum letzten Mal Bus fahren (Grüße an Sarah und die 111),
Zum letzten Mal am Obelisk vorbei.

Zum letzten Mal Mundo Lingo,
Zum letzten Mal feria de Mataderos,
Zum letzten Mal die Katze vom Tisch geholt.

Zum letzten Mal eine Tangostunde in Buenos Aires,
Zum letzten Mal der Gang durch den Garten,
Zum letzten Mal ein Umarmungen mit hier geliebten Menschen.

Zum letzten Mal Steak (ab jetzt bin ich wirklich wieder Vegetarier).

Sechs Monate Buenos Aires.
Jetzt beginnt ein neues Abenteuer.

Torte und Champagner


Die Sonne scheint, und das Leben wartet auf uns. Also raus aus dem Haus und auf direktem Weg zum Polofeld. Zu Fuß natürlich. Heute findet ein Turnier statt, und um einen Eindruck dieses Nationalsports Argentiniens zu kriegen, führe ich meine Freundin dorthin.
Ein Eindruck reicht auch dann schon. Wenn man keinen Bezug dazu hat, ist es nur bedingt spannend. Ich weiß auch nicht, wer da spielt, also schauen wir mal gegenüber beim Pferderennen vorbei.

Zwischen überwiegend älteren Herren suchen wir uns einen Platz an der Rennbahn, sehen uns ein Rennen an und ziehen dann weiter.

Weil das Wetter so schön ist, wollen wir einfach durch einen Park streifen.
Wir schlendern so vor uns hin, als wir plötzlich von hinten eine Stimme hören: ‚Wartet mal! Seid Ihr auch Deutsche?‘

‚Klar, schließ Dich uns einfach an.‘ Sarah, wie sie sich uns vorstellt, ist erst seit zwei Tagen in der Stadt und war ebenfalls zu Fuß auf Erkundungstour.
Wir schlendern also ab jetzt zu dritt weiter und verabreden uns auch zum Abendessen.
Bei uns steht Steak auf dem Plan. Das erste hier in Buenos Aires für meine Freundin.

Wir setzen uns raus an einen Tisch, der Abend ist noch angenehm mild. Das Steak ist perfekt, für mich auch.

Neben uns feiert eine große, argentinische Familie einen Geburtstag. Als sie ‚Que los cumplas feliz‘ (happy birthday) anstimmen, singen wir selbstverständlich mit. Feste müssen gefeiert werden, wie sie fallen. Auch in die Schlange der Gratulanten reihen wir uns mit ein. Und schon haben wir wieder ca. 15 Freunde mehr in Argentinien. Selbstverständlich kriegen wir ein Stück Geburtstagstorte, und der Kellner bringt uns Champagner, den er ungefragt nachschenkt.

Und Sarah sagt: ‚Wie gut, daß ich heute Nachmittag anstatt in den Supermarkt zu gehen und den Müll raus zu bringen, doch lieber spazieren gegangen bin!‘

Allerdings! Denn: die Sonne scheint, und das Leben wartet auf uns.

Der Herbst naht


Es wird ganz klar Herbst, obwohl die Sonne heute scheint, und wir einen schönen Tag haben.
Aber Herbst auch, was meine Reise betrifft. Nur noch etwas über einen Monat, dann werde ich ins Flugzeug nach Deutschland steigen.
Geplant war eigentlich bis August, aber da gibt es Probleme mit dem Flug, und für einen komplett Neuen fehlt ein bißchen das liebe Geld.

Ich freunde mich ganz langsam mit dem Gedanken an.
Zumindest, Buenos Aires erstmal zu verlassen. Wieder ganz in Deutschland zu sein? Noch nicht richtig. Wenigstens wird es dort dann Sommer, das erleichtert mir das Ganze vielleicht.

Aber mein kleiner Kräutergarten wird ohne mich wachsen müssen, die Avocados reifen hoffentlich, aber ohne, daß ich sie probieren könnte.
Die Straßen, die ich mittlerweile so gut kenne, die Menschen, mit denen ich meine Zeit verbringe, die Stadt, die ich lieben gelernt habe, wird langsam vor meinem inneren Auge verblassen. Wird nur noch eine Erinnerung sein.

Ich darf noch nicht zu viel darüber nachdenken.
Aber es ist, wie es ist. Und das Leben hält sicher neue Abenteuer für mich bereit. Vielleicht soll es auch einfach so sein.

Heim


Fernando, der Hausherr, hat mal wieder wunderbar gekocht, und wir sitzen beim Mittagessen.
Ich gehöre mittlerweile zu den Trompetern vom Dienst, was mein Geschnaube in Sachen Schnupfen angeht.
Und leider kann ich es auch während des Essens nicht vermeiden, meine Nase zu schneuzen.
Ich drehe mich vom Tisch weg und entschuldige mich anschließend, weil es wirklich nicht schön ist.

„Bitte nicht um Entschuldigung in Deinem zu Hause“, sagt Fernando. „Das hier ist Deine Station ‚Heim‘ in Argentinien.“

…er hat recht. Zu Hause ist überall da, wo geliebte Menschen sind.

Ein neues Familienmitglied


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Mein kleiner Garten wächst und gedeiht. Die Kräuter, die ich im Dezember im Garten angepflanzt habe, fühlen sich offenbar wohl. Oregano und Minze sogar so wohl, daß sie sich schon gegenseitig den Platz streitig machen.

Was mir noch fehlt, ist Koriander.
Den mag nicht jeder. Ich finde ihn aber zu dem ein oder anderen Gericht ganz wunderbar.

Heute findet ein Bio-Markt statt. Ganz in der Nähe.
Die hundert Menschen, die sich in Buenos Aires für Bio-Produkte interessieren, sind offenbar auch dort.
Und wie es der Zufall so will, gibt es einen Stand mit Kräutern in Töpfen.

Ich frage nach Koriander.
Er habe nur noch eine Pflanze, sagt mir der Verkäufer. Und die könne er mir nicht verkaufen, denn sie sei schon so gut wie tot. Noch nicht ganz, aber fast. Hat wohl die Wärme des Tages nicht vertragen.
Und tatsächlich ist das Pflänzchen nicht viel mehr als eine Ansammlung vierer graugrüner Stängel.
Gut, nicht verkaufen, aber verschenken vielleicht?
Na gut.
Er gibt mir den Topf, der mehr Erde als Pflanze enthält und rät mir, das Ding zu gießen, wenn es irgendwie noch überleben soll.

Ich ‚gieße‘ meinen Kräuterneuling mit zwei Eiswürfeln, die ich aus meinem Getränk fische. Wasser, Erfrischung und leichter Maracujageschmack. Wenn das nicht hilft…

Direkt nach dem Markt geht es zur Tangostunde.
Es geht nicht anders. Der Koriander muß eben mit. Musik hat ja auch positive Effekte auf Organismen.

Und nach der Tangostunde will ich noch auf einen anderen Markt.
Es geht nicht anders. Der Koriander muß eben mit. So kommt er wenigstens mal rum, bevor er nur noch den Garten sieht und sich mit seinem neuen Nachbarn, dem Thymian, unterhält.

Während unserer kleinen Reise scheinen sich die Eiswürfel in einen See zu verwandeln. Die Erde ist mittlerweile durch und durch nass und aus dem Topf tropft es. Was waren das denn bitte für Eiswürfel?

Aber ganz ehrlich… Als ich zu Hause ankomme, bin ich mir sicher, daß der Koriander nicht nur wieder quicklebendig ist, sondern schon ein ganzes Stück gewachsen ist.

Das wird was mit uns!