Das Leben nimmt seinen Lauf


Man muß ja mal sagen, daß die beim Arbeitsamt bisher wirklich alle nett waren.
Naja, ich sehe vermutlich auch nicht direkt aus wie der hoffnungslose Härtefall, der gar nie mehr arbeiten will.
Im Gegenteil. Hochmotiviert und gespannt auf das, was da kommt. Das spornt vielleicht auch andere an.
So muß ich in den nächsten drei Monaten erstmal nicht mehr persönlich zu Terminen erscheinen, geht alles online. Ganz schön modern.
Und netterweise hilft mir auch noch jemand, meine Bewerbung auf Vordermann zu bringen. Seit sieben Jahren keine mehr geschrieben, da kann man doch jede Hilfe gebrauchen.

Dachte ich.

Der Herr, der sich darum kümmert, ist auch wirklich sehr engagiert. Noch am gleichen Tag unseres Gesprächs schickt er mir einen ersten Entwurf meines Lebenslaufs. Streng nach Euro-Norm.
Von türkisen Bögen in den Seitenecken und Word Art in der Überschrift konnte ich ihn von vornherein abhalten, aber das Ergebnis sieht irgendwie immer noch nicht nach mir aus.
Bin ich Euro-Norm? Meine argentinischen Freunde würden jetzt wahrscheinlich lachen.

Ich beschließe, daß ich keiner Norm entspreche und bastele einige Abweichungen in seine Vorlage. Weg mit dem Deckblatt, weg mit Leerlauf, kurz und knapp, hier komme ich.
Nur das Datum vom Anschreiben lasse ich in Zeile 13. Das war ihm so wichtig.

Vielleicht bin ich töricht, und kein Personaler fühlt sich von meiner Bewerbung angesprochen, aber dann sind es bestimmt auch nicht die Richtigen, oder?

Ich brauch ne Bar fürs Leben


Nach fast einer Woche Fieber geht es mir wieder gut. Nur meine Beine sehen immer noch aus, als gehörten sie einer 80jährigen. Der Ausschlag hat dunkelrote Punkte hinterlassen, die sich bisher hartnäckig halten.
Ich hoffe, nicht für immer.

Gestern konnte ich mich auch endlich mal wieder mit Freunden treffen.
Herrlich, so ein Wiedersehen! Und der Anlass war auch noch eine Geburt.
Noch schöner! Alles bleibt in Bewegung. Und ich selbst?

Ich werde mich gleich am Montag mal wieder zum Arbeitsamt bewegen.
Die meinen es wirklich gut mit mir. So schnell wurde wahrscheinlich noch niemand zu einem Termin geladen. Die fürchten vermutlich, dass ich gleich wieder abhaue.
Aber diesmal will ich ja gar nicht. Erstmal.

Leider hindert mich der Termin daran, meine Brüder zu besuchen, die im Norden Deutschlands wohnen. Meine Eltern fahren dann mal ohne mich.
Aber ich kann ja immer noch mal hin.
Passt wenigstens jemand aufs Haus auf.
Doofes Arbeitsamt. Bißchen doof wenigstens.

Und dann war ich heute Nachmittag doch tatsächlich froh, nicht in Buenos Aires zu sein. Und zwar wegen des herrlichen Wetters. Hier hat die Sonne alles gegeben, während mein Handy für meine Herzensstadt gerade mal 15 Grad anzeigt.

Ich habe mir also einen Fruchtsmoothie mit Ingwer und Chia-Samen gemacht (das ist neu. Hab ich mir aus Argentinien mitgebracht. Keine Ahnung, wofür die sind, aber Fruchtsmoothie mit Chia klingt so viel spektakulärer als frischgepresster Saft.) Pimp my life! Und dann ab in die Sonne.

Und jetzt gerade bin ich traurig, dass ich nicht in Buenos Aires bin.
Die Sonne hat sich verzogen, und keine meiner Lieblingsbars, in der ich garantiert Leute treffe, die ich kenne, ist mal eben vier Blocks entfernt.
Was mache ich denn heute Abend?

Naja, am Montag hab ich ja den Termin beim Arbeitsamt. Dann klappt’s hoffentlich ganz schnell mit einem Job. Und zwar in einer Großstadt.
Wo meine Lieblingsbars um die Ecke sind.
Doch nicht so doof, das Arbeitsamt, hoffentlich.