Tren de la Costa


Ausflug mit Mirta. Auch, wenn ich nicht mehr bei ihr wohne. Aber am Montag hat sie mich gefragt, ob wir den Sonntag zusammen verbringen und was unternehmen wollen. Na klar. Dann begleite ich sie eben. Warum nicht.

Schon vorher hat sie mir vom ‚Tren de la Costa‘ erzählt. Klar, ‚tren‘ ist Zug. Küstenzug also. Aber gleichzeitig hat sie immer davon geredet, zu diesem Zug hinzufahren und dann einen Kaffee zu trinken. Das sei besonders. Also bin ich irgendwie davon ausgegangen, daß es ein Café gibt, das so heißt.

Kein Problem, da fahren wir hin. Ich hab zwar immer noch nicht kapiert, wohin genau, aber: Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit.

Wir sitzen im Bus und steigen nach etwa einer Stunde aus.
Eine ziemlich weite Fahrt, um einen Kaffee zu trinken, oder?
Von der Bushaltestelle laufen wir fünf Minuten um ein sehr seltsames Gebäude zu betreten.
Das sei der Bahnhof, sagt mir Mirta. Aha, es geht also tatsächlich um einen richtigen, echten Zug und nicht um ein Café, das so heißt. Aber das soll ein Bahnhof sein? Die Halle ist menschenleer, dafür voll mit alten Möbeln. Es sieht eher aus wie in einem längst vergessenen Antiquitätenladen.

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Aber irgendwo, eine Treppe nach oben und ganz hinten, findet sich dann doch ein kleiner Schalter, an dem wir Tickets kaufen. Gleich daneben geht es raus zum Bahnsteig.

Und dann beginnt unsere Fahrt. Durch hübsche kleine Dörfer mit Palmen und Gärten entlang des Rio de la Plata. Endlich hab ich es kapiert. Dieser Zug fährt durch all diese schönen Orte, damit man zwischendurch aussteigen und sich was anschauen kann, um irgendwann weiter zu fahren.
Und genau das machen wir. Wir steigen aus, streifen über Märkte, trinken frischgepresste Säfte, essen frisch gebackenes Brot, entdecken andere Welten, steigen wieder ein und fahren weiter. Bis zum Delta in Tigre.

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Und obwohl für den ganzen Tag Regen angesagt war, scheint die Sonne.

Mirta fragt mich, ob wir diese Woche vielleicht mal nach San Telmo fahren.
Ich glaube schon.

Ich bin schwanger, ich brauche Hilfe


Vier Wochen bin ich jetzt hier.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Mittlerweile kann ich mich unterhalten. Das heißt, ich verstehe fast alles und spreche selbst, zwar ziemlich fehlerhaft und oft nach Wörtern suchend, aber ich kann mich verständlich machen.
Nur nach ein paar Stunden läßt die Konzentration meistens nach, und ich gehe über zu nicken und lächeln. Ist manchmal immer noch die einfachste Variante und merkt auch quasi keiner.
Und wenn mich jemand spontan was auf der Straße fragt, verstehe ich meistens auch nur Bahnhof. (Aber oft hat die Frage dann auch was mit der Richtung zu tun. Also ist Bahnhof ja gar nicht so schlecht…)

Und daß ich nicht die einzige bin, die ab und zu mal ins Fettnäpfchen tritt, zeigt diese kleine Geschichte, die mir ein Bekannter erzählt hat:

Eine Amerikanerin hat sich in Buenos Aires verirrt und wollte nach dem Weg zu ihrem Hotel fragen. Offensichtlich war ihr das ein bißchen peinlich. Peinlich auf englisch = to be embarrassed, embarazada in Spanisch = schwanger. Und dann gibt es noch zwei Formen des Wortes ‚zu sein‘ im Spanischen. ‚Estar‘ bezeichnet einen aktuellen Zustand, ’ser‘ ist ein andauernder Zustand.
Wenn man sagen will, daß man sich verirrt hat, kann man wörtlich übersetzt sowas sagen wie, ich habe den Weg verloren, wenn man aber sagt, daß man verloren ist, und dazu auch noch das Wort ’ser‘ benutzt, bedeutet das, daß man ein ziemlich großes Problem hat.

Was die Amerikanerin also sagen wollte, war:
Es ist mir peinlich, aber ich habe mich verirrt. Ich brauche Hilfe.

Was sie gesagt hat:
Ich bin schwanger. Ich bin total geliefert. Ich brauche Hilfe.

Die Menschen hier sind hilfsbereit. Sie haben ihr ein bißchen Geld gegeben.

Und sowas ist mir zum Glück noch nicht passiert!