In La Boca war ich bisher nicht. La Boca ist ein Hafenviertel im Osten der Stadt, bekannt durch sein Fußballstadion „La Bombonera“, in dem die Boca Juniors zu Hause sind, so wie durch die bunten Häuser, die entstanden sind, weil die Bewohner übriggebliebenen Schiffslack verwendeten, um die Fassaden zu streichen.
Ich war deshalb noch nicht da, weil die Gegend als gefährlich gilt. Nicht nur Geschichten kursieren um Jugendbanden, sondern ich selbst habe ein Mädchen kennengelernt, die am helligten Tag dort überfallen wurde.
Aber heute habe ich Begleitung. Mirta. Meine erste Vermieterin hat eine Einladung zu einer Ausstellung und möchte, daß ich sie begleite. Mach ich gern. Erstens, weil ich eben noch nicht in La Boca war und zweitens, weil Ausflüge mit Mirta meistens etwas Ungewöhnliches an sich haben.
Es ist extrem heiß. Mich freut das, aber Mirta, der das Laufen generell schwer fällt, macht es zu schaffen. Deshalb fahren wir auch kurze Wege, die man eigentlich in fünf Minuten laufen könnte, mit dem Bus. Macht ja nichts.
Nachdem wir die Ausstellung (die offenbar mehr etwas wie ein kurzer ‚ich war da Termin‘ für Kunstliebhaber war) begutachtet haben, fahren wir weiter und steigen Höhe Caminito aus. Eine der bekanntesten Straßen, oder mehr Gassen, gefüllt mit Strassenkünstlern, Restaurants und Touristen. Hier muß ich wohl höchstens meine Handtasche im Auge behalten, aber einen Überfall wird bei der Masse an Menschen bestimmt keiner wagen.
Der Besuch lohnt sich. Die bunten Häuser, die Musiker auf der Straße, die Händler und der Fluß, der höchst dreckig und muffig vor sich hin wabert, bilden eine besondere Atmosphäre. Die bunten Häuser geben all dem einen Touch von Spielzeugland und ständiger Freude.
Neben mir stöhnt Mirta vor lauter Hitze, trinkt mir mein Wasser weg und murmelt unentwegt Unverständliches vor sich hin.
Auf dem Heimweg fährt der Bus auch durch die Nebenstraßen, die gar nicht mehr so bunt sind. Und gar nicht mehr so belebt. Und die Bewohner gar nicht mehr so herausgeputzt, um den Touristen zu gefallen und ein paar Pesos zu verdienen. Hier würde ich bestimmt nicht aussteigen. Aber muß ich ja auch nicht. Der Bus bringt mich zurück in meine heile Welt.
Nicht ganz so bunt angemalt, aber dafür nicht nur Fassade.
(Und merke: Ausflüge im Sommer mit Mirta können anstrengend sein!)