Der frühe Vogel


Meine Schule beginnt diese Woche etwas früher. Weil der Montag frei war, wird der fehlende Tag durch eine Stunde mehr Unterricht täglich ersetzt.
Ich gehe immer noch zu Fuß zur Schule. Mittlerweile ist es schon morgens ziemlich warm, und mich zur Stoßzeit in einen überfüllten Bus zu quetschen, erscheint mir nicht sehr erfreulich.

Wenn ich zur Schule gehe, sind die meisten Geschäfte noch geschlossen. Nur die Kioske, die es hier an jeder Ecke gibt, und in denen man quasi alles bekommt, was man im Notfall braucht, sind schon offen. Und einige der ‚panaderías‘ – Bäckereien, die mit einem Angebot an Torten und Gebäck aufwarten, wie es sich Naschkatzen nur erträumen können.

Die Stadt erwacht.

Buenos Aires ist laut. Der anscheinend nie enden wollende Verkehr, die Straßen voll mit Menschen.
Buenos Aires ist sehr laut.
Und dreckig. Besonders am frühen Morgen fällt auf, wie viel vom vergangenen Tag liegen geblieben ist. Müll türmt sich überall am Straßenrand, Gerüche kriechen aus überquellenden Tonnen, und jeder kehrt vor seiner eigenen Tür. Die Bürgersteige werden gefegt, Türschilder poliert, die Eingangsstufen geschrubbt, die letzten Penner der Nacht beiseite geschoben, sogar die Mülltonnen selbst werden vom gröbsten Schmutz befreit. Das heißt nicht, daß es danach sauber ist. Nur für den Moment nicht mehr ganz so dreckig.

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Und dann passiert es: die Ampeln schalten auf rot, die Autos müssen sich einen Moment gedulden und schweigen, es wird unerwartet still, die Vögel singen ihre bezaubernden Melodien, die Sonne wirft die Schatten der Bäume auf die Straße, und die Tür einer panadería öffnet sich und verströmt den Duft von frischgebackenen Croissants.

Buenos Aires. Du laute, dreckige, charmante, schöne, magische Stadt!

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