Sri Lanka 10 – Die Brücke


Wir sind zwar müde vom Tag, aber Schlaf will sich nicht so richtig einstellen.  Zum Glück habe ich meinen dünnen Seidenschlafsack aus Vietnam dabei, in den ich mich einwickeln kann, aber trotzdem riecht man bei jeder Bewegung einen Hauch von Schimmel. Dazu sinken die Temperaturen nachts und es wird tatsächlich kalt. Eine muffige, kühle Nacht also, da wird der Tag hoffentlich besser.
Wird er!

Heute wollen wir die große Eisenbahnbrücke sehen, über die man auch rüber laufen kann. Die Brücke mit den neun Bögen ist bekannt für ihre Architektur.
Wir machen uns auf den Weg. Obwohl es noch früh ist, steigen die Temperaturen schnell wieder, aber immerhin sind wir in frischer Luft. Schimmelfrei.
Der Weg führt zuerst durch den gesamten Ort, vorbei an den vielen Bars und Restaurants, vorbei an den Händlern, die am Straßenrand Obst und Gemüse anbieten.

Dann schlängelt sich ein schmaler Weg durch eine Art Regenwald, zumindest sieht es für uns so aus. Es zwitschert um uns herum, die Pflanzen wachsen mit Riesenblättern am Weg entlang. Und dann sehen wir sie schon; die beeindruckende Brücke.

Ich war zunächst skeptisch, ob ich sie trotz Höhenangst betreten könnte, aber die Mauer am Rand ist recht hoch und die Brücke selbst breit. Wir laufen rüber, machen Fotos von allen Seiten, laufen wieder zurück und stehen mitten drauf, als wir das Schnaufen und Tuten des nahenden Zuges hören. Jetzt wird es ein bisschen aufregend. Wir weichen zurück, aber da ist der behäbige Zug auch schon zu sehen. Er hupt ein paar Mal und dann rauscht er an uns vorbei. Wie am Tag zuvor fährt er seine 30km/h, es fühlt sich also nicht gerade mitreißend an, wenn man ihn vorbeifahren spürt. Eher gemütlich.

Das Erlebnis ist besonders und wir haben jetzt noch keine Lust zurückzugehen. Und da man ja offenbar genug Platz links und rechts der Schienen hat, um einem Zug eventuell auszuweichen, beschließen wir, den Schienen einfach eine Weile zu folgen. Ca. 40 Minuten laufen wir auf den Gleisen, vorbei an kleinen Hütten, Plantagen, Felsen und Gestrüpp bis zu einer anderen, kleinen Brücke. Hinter ihr ergießt sich ein Wasserfall uns Tal. Ein schöner Spaziergang, ein Zug kommt allerdings nicht noch einmal.

Für den Rückweg erklimmen wir noch einmal die andere Seite von Ella, es geht rauf und rauf und die wird Sonne heißer und heißer.
Irgendwie haben wir in den letzten Tagen eine Tendenz zu unnötigen Höhenwanderungen, aber ist ja alles gut für die Figur und die Aussicht entschädigt auch irgendwie für die Strapazen.

Zurück im Ort müssen wir uns erstmal was gönnen. Wir finden eine Kaffeebar und hoffen, dass wir hier Kaffee ohne Schimmelwasser bekommen. Volltreffer. Und so sitzen wir den gesamten Nachmittag bei Kaffee und anderen Getränken und beobachten das Treiben vor uns.

Ella hat sich gelohnt, aber wir sind froh, dass wir den Backpacker Trubel und dem Schimmel am nächsten Tag entfliehen werden. Auf uns wartet eine weitere Empfehlung vom guten Ranga. Und die kommt keinen Tag zu früh, wie wir schon bald feststellen sollen.

Sri Lanka 9 – Es schimmelt


Wir haben es endlich nach Ella geschafft. Auch unsere Bleibe ist fußläufig erreichbar und schnell gefunden. Sie liegt auf einer kleinen Anhöhe inmitten von Pflanzen aller Art, umringt von einem Hostel und Homestay nach dem anderen. Ella ist offenbar ein reiner Backpacker Ort. Kann ja auch Mal ganz nett sein, denken wir uns.

Unsere Gastgeberin zeigt uns das Zimmer. Die Türe steht schon offen und trotzdem nehmen wir den Geruch deutlich wahr: es riecht nach Schimmel.
An den Deckenplatten zeigen sich die schwarzen Abdrücke. Können wir es hier wirklich aushalten? Es sind nur zwei Nächte, sagen wir uns und wir sind ja die ganze Zeit draußen außer zum Schlafen.

Die Gastgeberin serviert uns einen Kaffee. Auch den entsorgen wir unauffällig, weil er schimmelig schmeckt.
Es ist eh schon Abend, also duschen wir nur und machen uns auf den Weg in den Ort.
Der ist wirklich hübsch, aber eben auch ausschließlich auf Touristen ausgelegt. Es reihen sich Bars und Restaurants aneinander, alle schick hergemacht. Wir essen in einem Laden, der nicht nur Burger oder Pasta anbietet, sondern auch Sri Lankanisches Essen. Ich entscheide mich für Rotti mit Gemüse gefüllt und bekomme den Teigfladen voll mit Kartoffeln und Knoblauch. Ganze Knoblauchzehen. Und zwar mit Sicherheit mindestens eine Knolle. Ich bin begeistert, aber zu nahe kommen sollte man mir jetzt wohl nicht mehr.

Danach gehen wir noch in eine Bar, die uns der gute Ranga empfohlen hatte, und trinken zum ersten Mal während unseres Urlaubs Cocktails. Die Stimmung ist gut, aber wir sind uns auch einig, dass man hier nicht lange verweilen muss.
Erst recht nicht, wenn das Zimmer schimmelt.
Für den nächsten Tag haben wir uns aber noch ein Highlight in der Gegend rausgesucht, das die Reise wieder einmal wert war…

Sri Lanka 8 – Sechs Stunden Bahn


Der Zug tuckert los. Eigentlich dachten wir, dass die Türen aufbleiben und man sich richtig rauslehnen kann. Geht auch, allerdings nur in den unreservierten Abteilen und um ehrlich zu sein, sind wir froh, dass wir uns da nicht reinquetschen müssen. Die Abteile platzen aus allen Nähten, die Menschen stehen dicht gedrängt.
Wir haben unsere Sitzplätze und können die Fahrt am offenen Fenster miterleben.

Auf den sechs Stunden kann man sicher auch mal schlafen, dachten wir vorher. Die Wahrheit sieht etwas anders aus: Wir sind immer noch in der dritten (und letzten) Klasse und die Sitzbänke zwar gepolstert, aber trotzdem hart und die Lehnen kerzengerade im 90 Grad Winkel. Da bleibt man lieber wach, es gibt aber auch genug zu sehen auf unserer Fahrt durch Sri Lanka.

Schon nach recht kurzer Zeit fragen wir uns, wie man eigentlich weiß, wann man aussteigen muss. Auf der Anzeige im Zug steht zwar die rasende Geschwindigkeit von ca 30km/h, aber auch die falsche Zugnummer, die falsche Endstation und niemals die nächste Haltestelle. Naja, wir werden eben so in sechs Stunden aussteigen.

Während der Zug sich langsam voranschiebt, verändert sich die Landschaft um uns herum. Vom saftigen Grün der Palmen und regenwaldartiger Vegetation zum noch satteren Grün der zahlreichen Teeplantagen im Hochland. Man kann die Augen kaum abwenden. Hinter jedem Tunnel scheint sich das Land verändert zu haben, jede Brücke führt in eine neue, atemberaubende Gegend. Manchmal blickt das Auge weit in die Täler und Schluchten hinab, dann wieder in die Dichte der Wälder.
Eine der schönsten Eisenbahnstrecken der Welt? Kann ich mir durchaus vorstellen.

Die Eisenbahn schlängelt sich die Schienen entlang, viele Mitreisende hängen sich regelrecht aus den Türen um ein einmaliges Foto zu ergattern. Das einzige, das diese wunderschöne Fahrt trübt, sind die Plastikflaschen und der sonstige Müll, der an einem vorbei fliegt. Leider nutzen die Einheimischen die Natur als Mülleimer, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken. Jede Flasche bereitet uns regelrechten Schmerz und man kann nur hoffen, dass auch hier irgendwann ein Bewusstsein für das Einzigartige, dass die Menschen hier haben, eintritt.

Mit steigender Höhe wird es frischer. Irgendwann binden wir sogar unsere Tücher um. Im Hochland soll es nachts bis auf 5 Grad runtergehen, in Ella immerhin bis auf 12 oder 13. Kalt für hiesige Verhältnisse.

Wir haben zwar die sechs Fahrtstunden fest im Blick, freundlicherweise kommt trotzdem der Schaffner um uns zu sagen, dass wir nun aussteigen müssen.
Langsam reicht es auch. Der Po ist eingeschlafen und wir freuen uns auf Bewegung, die Fahrt hat sich allerdings voll gelohnt.

Zwei Nächte in Ella liegen nun vor uns und es sollen nicht die schönsten werden…

Sri Lanka 7 – Eine Bahnfahrt, die ist…


Wir fahren zurück vom schönen Berg Pidurangala. Stolz, dass wir den Aufstieg geschafft haben. Da hält unser Fahrer noch einmal an. „Famous temple. Cave temple of Dambulla.“ Naja, immerhin haben wir jetzt die passende Kleidung. Und die 15 Minuten, die man sich so einen Tempel anschaut…

Pustekuchen. Gefühlte weitere 500 Stufen später, die wir in der Hitze steil bergauf gehen, erreichen wir das Kassenhäuschen. Naja, wir sind hier, dann gehen wir auch rein. Der Eintritt ist teurer als der für den Berg, das muss ja ganz toll sein.

Weitere wahrscheinlich fünf Millionen Stufen später (das ist natürlich völlig übertrieben, fühlte sich aber so an) erreichen wir den Tempel. Wir müssen unsere Schuhe zur Aufbewahrung abgeben und stehen nun barfuß da. Die Steine haben mit gefühlter Sicherheit ca. 100 Grad, jedenfalls sind sie viel zu heiß für unsere europäischen Füße. Wir hüpfen regelrecht von Schatten zu Schatten und blicken jeweils kurz in die einzelnen Räume, die in den Felsen gehauen sind. Bei all der Hitze können wir die Faszination für das, was wir sehen, mit unserem Fahrer leider nicht teilen. Wir können auch die zahlreichen Buddhastatuen nicht voneinander unterscheiden. Hier hätte man sicher Erklärungen gebraucht. Außerdem sind unsere Fußsohlen beinahe verbrannt.

Wir entscheiden, dass wir für heute genug gelaufen sind und machen uns auf den Rückweg. Lieber Fahrer, bring uns bitte einfach nur nach Hause.
Trotzdem müssen wir noch einmal den Berg unserer Unterkunft runter und wieder hoch laufen, wenn auch nur ein Stück, denn sonst gibt es nichts zu Essen. Der Muskelkater, den wir heute gewonnen haben, begleitet uns die nächsten drei Tage.

Wir freuen uns aber auf den neuen Tag. Heute gibt es ein besonderes Abenteuer: wir werden 6 Stunden mit der Eisenbahn fahren. Von Kandy nach Ella.
Die Eisenbahn in Sri Lanka ist noch eher vom alten Schlag und tuckert mit 30km/h durch die Landschaft. Die Strecke von Kandy nach Ella soll zu den schönsten der Welt gehören.

Wir hatten schon vor zwei Tagen versucht, Tickets zu buchen. Keine Chance. Wir können höchstens unser Glück am Tag selbst versuchen. Vielleicht bekommen wir dann noch welche vom schmalen Kontingent, hatte man uns gesagt. Und der Tag selbst ist heute. Unser Gastgeber gibt uns den Tipp, es eine Haltestelle vor Kandy zu versuchen. Da startet der Zug und es ist nicht so viel los. Das hatten wir in einem Reiseblog bereits gelesen und machen es also genauso.

Um 7 fährt uns ein Taxi in den 20 Minuten entfernten Ort, in dem es außer der Bahnstation auch nicht so viel zu geben scheint. Der Taxifahrer rät uns, unbedingt zum Reservierungsschalter zu gehen und es da zu probieren. Und tatsächlich; wir bekommen drei Tickets für die dritte Klasse mit Sitzplätzen. Nun versucht uns der Ticketverkäufer noch zu erklären, welchen der Züge wir nehmen müssen, denn die Durchsagen sind nur auf singhalesisch. Es gibt einen um Viertel vor neun. Der fährt von hier nach Kandy und kommt dann zurück. Er ist dann gegen Viertel nach neun wieder hier. Dann könnt Ihr einsteigen oder eben schon vorher. Es gibt auch noch einen um neun, der direkt nach Ella fährt. Auf jeden Fall Gleis 1.

An Gleis 1 sitzen noch ein paar andere Touristen. Auf dem Schild steht aber ‚to Colombo‘, also in die andere Richtung. Wir fragen einen anderen Mitarbeiter: Ihr müsst auf Gleis 2.
Wie ziehen um. Mit uns die anderen Touristen – mittlerweile werden es stetig mehr. Gegen Viertel vor neun setzt sich plötzlich der gesamte Touristentrupp in Bewegung. Irgendjemand hat gesagt, der Zug fahre von Gleis 3. Wir fragen mehrmals ‚to Ella‘? Ja, platform 3 to Ella.
Wir gehen also mit. Und es wird hektisch, denn der Zug soll gleich schon kommen. Gleis 3 ist nicht um die Ecke; man muss über einen Sandweg, eine alte Treppe hinauf und über eine Brücke. Vorsichtshalber zeige ich einem Einheimischen kurz vor Gleis 3 unser Ticket.
Nein, der fährt von Gleis 2. Und der müsste gleich von Kandy zurück kommen.

Wir machen kehrt. Nun wird es richtig hektisch. Mit unseren Koffern rennen wir den Bahnsteig zurück. Da kommt ein älterer Herr zu uns, schaut auf unser Ticket, bestätigt Gleis 2 und meint, wir hätten noch viel Zeit.
Aber der kommt doch um Viertel nach neun? – „Maybe“, sagt er und lächelt.
Tatsächlich kommt er so gegen kurz vor zehn. Aber unsere Reservierungen stimmen, wir finden glücklich unsere Plätze. Das war der erste hektische Moment unserer Reise bisher.

Und was dann kommt, ist jede Minute wert…