Ich liebe meine Eltern! Kein Zweifel! Und daß sie mich in Buenos Aires besuchen, finde ich großartig, wir haben eine tolle Zeit.
Und außerdem sind da die (liebenswerten,) kleinen Marotten, die mir mehr als vorher auffallen.
Mein Vater zum Beispiel mag gutes Fleisch, rustikale Restauranteinrichtungen und Irish Pubs. Für ihn bedeutet das, daß wir zum Essen in rustikal eingerichtete, ausschließliche Steakrestaurants gehen, und zum Bier trinken in ein Irish Pub, von denen es hier tatsächlich einige gibt. Alternativen ausgeschlossen!
Gleich am ersten Tag führe ich meine Eltern in ein Restaurant, das genau den Vorlieben meines Vaters entspricht. Warum sollten wir also am nächsten Tag woanders hingehen?
Meine Mutter und ich hatten eher die Idee, verschiedene Lokalitäten auszuprobieren. Schließlich haben wir fast zwei Wochen Zeit.
Nein, am zweiten Abend gehen wir ins gleich Restaurant.
Am dritten Abend hätte ich ja gerne mal Mexikanisch gegessen, aber mein Vater hat keinen Hunger, deshalb will er nur in einen Pub. Und schon gar nicht zum Mexikaner!
Aber ich habe ja auch meine Marotten, und bin ganz gut im ‚in den Nahrungs- und Getränkeaufnahme und gute Laune Streik‘ treten. Und das verhungernde, unglückliche Kind sorgt dafür, daß die Löwin ihre Krallen ausfährt, und wir Familienrat halten. Der Papa Löwe kriegt die Mähne gewaschen, auch wenn er der festen Überzeugung ist, er würde sich grundsätzlich immer nach uns richten, und ab da ist alles geklärt.
Und siehe da…
Es gibt viele gute Steakrestaurants in Buenos Aires. Nicht nur das eine.
Einen Abend gehen wir sogar zum Vietnamesen (was natürlich von heftiger und andauernder Kritik begleitet wird, mit dem Schlussatz, daß es doch ganz gut war).
Während mein Vater also ab und zu daran erinnert werden muß, daß es viele Möglichkeiten gibt, muß man meine Mutter manchmal daran erinnern, nicht verloren zu gehen.
Sie bleibt nämlich gerne einfach stehen.
Entgegen der landläufigen Meinung, Frauen seien alle Multitasking-fähig (was ich für mich auch nicht immer bestätigen kann), gilt für meine Mutter: gehen oder gucken. Im Gehen gucken, geht nicht. Damit meine ich natürlich gucken im Sinne von anschauen.
Und in einer Stadt wie Buenos Aires reiht sich ein interessantes Haus ans andere, ein Restaurant, Geschäft ans nächste.
Sehr viel Grund, um einfach stehen zu bleiben also. Nur manchmal fällt mir erst 50 Meter später auf, daß meine Mutter noch irgendwo steht, mit dem Rücken zu mir, und irgendein Gebäude anschaut oder ein Geschäft.
Bis jetzt konnte ich sie zum Glück immer wieder einsammeln.
Eltern entwickeln manchmal eine interessante Eigendynamik und machen einfach so Sachen. Und ich meine das wirklich liebevoll.