Unsere kleine Farm


Kaum sind meine Eltern da, zerre ich sie auch schon wieder raus aus der Stadt.
Ein Farmausflug ist geplant. Ich war so frei, einfach was zu buchen, und die Unternehmung stößt glücklicherweise auf Zustimmung.
Ehrlicherweise erwarte ich nicht den besten Ausflug aller Zeiten, denn das Ganze war ziemlich günstig und wird auf bekannten Internetbewertungsportalen eher als Kaffeefahrt beschrieben. Mir geht’s aber eigentlich nur darum, daß wir mal was vom Land sehen. Und da wir in der Stadt abgeholt werden, mindestens eine Stunde fahren, und die Farm an sich ganz schön sein soll, erscheint mir das Ganze schon positiv.

Der Tag beginnt mit Regen. In der Nacht hatte es seit mehreren Wochen des Sonnenscheins wie aus Eimern geschüttet. Na prima!
Selbstverständlich werden wir zwanzig Minuten zu spät vom Treffpunkt in Buenos Aires abgeholt. Nichts, was mich besonders überraschen würde.
Allerdings nicht, wie vermutet, in einem Kleinbus, sondern in einem Reisebus.
Also wirklich Massenabfertigung, denke ich.
Auf der Fahrt plärrt die Reisebegleiterin mit schriller Stimme und kaum verständlichem Englisch ins Mikro, um uns auf dem Laufenden zu halten, was die Umgebung angeht, durch die wir fahren.

Eineinhalb Stunden und beinahe Ohrenbluten später biegt der Bus in die Einfahrt der Farm ein, und uns offenbart sich ein bezaubernd angelegtes Gelände mit Rasenflächen, Terrakotta farbenen Gebäuden und einem Reitgelände.

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Wir werden mit Empanadas begrüßt, und das Fleisch für das Mittagessen liegt schon vorbildlich auf dem riesigen Grill. Seit 8Uhr, wie mir der Asador, also Grillmeister, mitteilt, der fleißig glühende Kohlen nachschiebt.
Und siehe da… Mittlerweile strahlt auch die Sonne.

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Natürlich sind neben uns noch viele weitere Touristen da, aber auf dem großzügigen Gelände verteilt sich das so sehr, daß man sich keineswegs wie auf einer Massenveranstaltung vorkommt.
Getränke gibt es den ganzen Tag und Nachschub an Empanadas ebenfalls.
Mein Vater sitzt im Halbschatten einer Palme, mit seinem Snack in der einen und einem Getränk in der anderen Hand, und bietet ein solches Bild der Zufriedenheit, daß selbst die Hofkatze sich seiner nicht erwehren kann und ihm schnurrend um die Beine streicht, in der Hoffnung er möge etwas Essbares fallen lassen.

Ein festes Programm gibt es nicht. Man kann eine fünfminütige Kutschfahrt oder einen ebensolangen bzw kurzen Ausritt mitmachen und das winzige, aber nette Gaucho (argentinischer Cowboy) Museum anschauen.
Und ich bin froh, daß ich keine asiatischen Klischees erfüllen und alle zwei Meter meine fünf Tonnen schwere Kamera aufbauen muß. (Obwohl die Fotos dieser Herrschaften aus Taiwan bestimmt schicker sind als meine.)

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Erst als es dann zum Essen in einem riesigen, aber gemütlichen Saal geht, sieht man, wie viele Besucher die Farm hat, aber das macht sich eher positiv bemerkbar. Denn mit all dem Essen und Trinken, begleitet von hausgemachter Musik und Tänzen, wirkt das Ganze wie eine große Feier.
Zu guter Letzt zeigen die Gauchos etwas von ihrem Können.

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Als wir wieder im Bus sitzen, schweigt die Reisebegleiterin netterweise, und die Gesichter meiner Eltern sind leicht gerötet.
Ob vom argentinischen Wein oder von der Sonne… Es war auf jeden Fall ein schöner Tag.

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Ich spiele Polo


Wie ich schon einmal geschrieben habe, ist Polo hier ein Nationalsport.
Naheliegend bei so viel Fläche und Weide. Da fühlen sich nicht nur Rinder, sondern auch Pferd und Reiter wohl.
Doch natürlich spielt nicht jeder Polo. Erst recht nicht in der Stadt.

Letztendlich ist es ein recht teurer Sport, denn ein Spieler braucht mehrere Pferde, und um sich zu steigern, müssen es immer Bessere sein.
Ein bißchen wie Formel 1.

So oder so, man weiß ja nie, wovon alle sprechen, wenn man es selbst nicht mal ausprobiert hat.
Also werde ich mal Polo spielen.

Um zehn Uhr morgens werden ich und noch drei weitere Poloneulinge aus der Stadt abgeholt. Etwa eine Stunde später befinden wir uns auf einer wunderschönen estancia. Das ist so etwas wie eine Farm.

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Nachdem wir mit Frühstück (auf argentinische Art- also Kaffee/Tee und Medialunas) gestärkt sind, schauen wir uns erstmal ein professionelles Polospiel an, das heute auf einem der vielen Plätze der Farm stattfindet.
Nebenbei gibt es Regelkunde.
Ein Platz, erklärt man uns, ist etwa so groß wie sechs Fußballplätze. (Ich bin mir noch nicht sicher, ob die Argentinier generell zu Übertreibungen neigen.)

Daß wir das, was wir da sehen, selbst irgendwie auf dem Pferd ausüben sollen, scheint in sehr weiter Ferne! Die Reiter preschen an uns vorbei und bewegen sich auf den Tieren, als seien sie genau dort oben geboren worden.

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Wenn man so viel Sport sieht, muß man erstmal was essen.
Also geht es zum Mittagessen ins hübsche Farmhaus, wo schon Empanadas, frische Salate, gegrilltes Gemüse und natürlich Fleisch vom Grill auf uns warten. Ich bleibe übrigens bei den vegetarischen Sachen.
Keine Experimente, wenn ich noch heil aufs Pferd kommen will.

Und das steht dann auch als nächstes an.
Nach einer kurzen Einweisung, wie man den Schläger hält und im besten Falle schwingt, werden wir mit Helmen ausgerüstet, und dann geht’s rauf aufs Pferd.

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Zuerst erscheint es unmöglich, mit einer Hand das Tier zu managen und mit der anderen noch einen Schläger zu schwingen, und mit dem auch noch einen Ball zu treffen. Aber nach etwa einer Stunde wollen wir alle schon nicht mehr nur Schritt gehen, sondern haben sogar den Ehrgeiz, die Bälle aus dem Trab oder Galopp heraus zu schlagen.
Und es macht wirklich Spaß. Und ist wahnsinnig anstrengend!

Zum Schluß spielen wir noch ein kleines Spiel zwischen uns vieren.
Natürlich nur auf einem Bruchteil des Platzes und wesentlich langsamer als echte Spiele.
Aber am Ende des Tages sind wir fix und fertig und überglücklich.
Was für eine Erfahrung.
Schade, daß ich kein Pferd habe, um gleich heute weiter zu üben.