El Ron de Buenos Aires


Ich besuche Puerto Madero, weil ich dort tagsüber noch nicht war.
Ich laufe am Fluß entlang, spaziere über die berühmte Brücke Puente de la Mujer und setze mich auf der anderen Seite auf eine Bank, um das Treiben der Geschäftsleute und Touristen zu beobachten.

Neben mir hält ein Mann an, etwa 80, schätze ich. Ob mir sein Hund gefällt, fragt er mich unvermittelt.
Wie bitte?
Achja, an der Leine hat er einen gepflegt aussehenden Wuschel Marke Golden Retriever, der mich zusammen mit dem Herrchen anblickt, in Erwartung einer positiven Antwort auf die Frage.
Ja, hübscher Hund.

Ob ich auch einen habe.
Nein, hab ich nicht.
Warum nicht? Ob ich denn keine Hunde mag?
Doch, mag ich. Aber ich habe eben keinen.

Und dann erzählt mir der Mann alles Mögliche. Daß er mal zwei Monate in Hamburg gelebt und viele deutsche Freunde habe.
Daß es in Berlin keine Polizei gebe, und Buenos Aires deshalb viel sicherer sei (interessant, das wußte ich gar nicht. Vielleicht wäre das eine Marktlücke: Polizei in Berlin…), daß alle Deutschen, die er kennt, Anna heißen und beim Fernsehen arbeiten, weil sie alle blond sind, und daß sein Hund eine große Berühmtheit ist, weil er ein Filmstar sei und sogar eine Facebookseite hat.

Der Hund heißt Ron. Also Rum. Wie das Getränk.
Ron trägt eine Büchse mit Tütchen am Halsband. Damit ist er wahrscheinlich der einzige Hund in Buenos Aires, dessen Hinterlassenschaften nicht auf dem Bürgersteig liegenbleiben. Vielleicht macht Ron sie sogar selber weg, weil er ja sehr begabt ist.

Aber Ron hat offenbar heute Pause vom berühmt und wichtig sein. Er pinkelt lieber gegen die Straßenlaterne, während sein Herrchen Loblieder auf ihn singt.

Ich stehe auf und wünsche den beiden Glück. Er (der Mann) lächelt mich an und erwidert meinen Wunsch.

Wenn Ihr also einen Film mit einem wuscheligen Golden Retriever seht, dann könnte es Ron sein.
Eine lebende Legende in Buenos Aires.

So ein Theater


In dieser Stadt kann man quasi rund um die Uhr irgendetwas wahrnehmen und sehr oft gratis. Etwas ist immer.
Letzte Woche war zum Beispiel Nacht der Museen, diese Woche die ‚Bienal Arte Joven‘. Junge Künstler stellen in einem Kulturzentrum ihre Gemälde aus, präsentieren ihre Filme, überall spielen Bands, und Theater gibt es auch.

Für die Theaterstücke muß man sich vorher im Internet anmelden, weil die Sitzplätze begrenzt sind. Leider sind die Stücke, die mich interessieren, offenbar auch die, die alle anderen interessieren. Kein Platz mehr frei.
Also nehme ich eins, das noch zu haben ist. Reservierung perfekt, pünktlich am Schalter, mein Ticket bekommen und los geht’s. Und voll wird der Saal auch.

Ich hatte mich darauf gefreut, ein Stück auf Spanisch zu sehen und hoffentlich auch zu verstehen. Das Stück ist auch auf Spanisch, nur leider sprechen alle mit einem sehr seltsamen Dialekt, von dem ich nicht mal weiß, ob er tatsächlich irgendwo existiert oder für das Stück erfunden wurde. Letzteres scheint mir wahrscheinlicher. Jedenfalls verstehe ich mal wieder nichts!

Die Handlung läßt sich auch nicht anhand des Spiels der Darsteller erahnen, denn alles ist sehr abstrakt, beinahe ohne Requisiten, zwischendurch Tanz a la ‚wir tanzen unseren Namen‘ und viel Erzählung in diesem seltsamen Dialekt. Offenbar ist das Stück aber wirklich gut und vor allem lustig, denn das Publikum lacht sich stellenweise schlapp. Schade! Aber dafür reicht mein Spanisch einfach noch nicht aus.

Und trotzdem… Es war ein sonniger Tag, einen Versuch wert und sicher nicht das Letzte, das Buenos Aires mir zu bieten hat.