Norwegen Tag 2


  
Auch in der Nacht legt das Schiff ab und zu an. Ich wache immer kurz auf, wenn die Motoren etwas lauter werden und das Schiff wieder den Pier verlässt. Witzig, dass man immer leicht hin und her rollt, wenn es eine Kurve fährt. 

Ich beschließe, dass Kaffee zum Frühstück vollkommen ausreichend ist und drehe mich noch einmal um, bevor ich den Tag in Richtung Restaurant beginne. 

Schließlich muss ich mich eh erstmal an meinem neuen Aufenthaltsort orientieren und deshalb ist der erste Gang nach dem Kaffee (das Frühstücksbüffet sieht allerdings so gut aus, dass ich es in den nächsten Tagen testen muss) der an Deck. 
Ich strecke meine Nase in den Wind, die Haare flattern mir wild um den Kopf. Noch ist der Himmel bedeckt, und wir fahren vorbei an schemenhaften Bergriesen, einzelnen, schneebedeckten Spitzen, dunkelgrün schimmernden Hügeln und kleinen, niedlichen Holzhäusern, die wie eine Puppenstube wirken. 

Unter uns das dunkle Wasser, das hinter dem Schiff, da wo es aufgewühlt wurde, zu einem eisigen Türkisblau wird. 

Ich finde durchaus, dass man so in den Tag starten kann.  
Ich schaue mich an Bord um, komme mit einigen Menschen ins Gespräch. Alle sind entspannt. „Entschleunigung“, sagt mir einer, „bekommt hier eine neue Bedeutung.“ Viele sind schon seit über einer Woche dabei und wirken weder gelangweilt noch abgestumpft. Im Gegenteil. Immer wieder strömen die Gäste an Deck, um eine Felsformation zu betrachten, Fotos von den kleinen Dörfern und gelegentlichen Brücken zu machen oder um einfach den Fahrtwind zu genießen. 
Nach dem Mittagessen gibt es einen Stopp in Stokmarknes. Hier besuche ich das kleine Museum, das über die Entstehung der Postschiffroute Auskunft gibt. Ich spreche den Museumsdirektor an. Er spricht zwar kaum Deutsch, aber auf Englisch ist er bereitwillig dabei, mir ins Mikro zu erzählen, wie viel ihm diese Geschichte bedeutet. Er war selbst einst Kapitän, hat die engen Fjorde passiert und den Wind bezwungen. „Halten Sie Ausschau nach Trollen im Trollfjord“, sagt er mir mit einem Lachen. 

Die Norweger scheinen mir ein offenes Volk zu sein. Sowohl am Flughafen, im Pub, hier in diesem kleinen Ort; sie strahlen eine Ruhe aus, eine Verbundenheit zu Ort und Zeit. Vielleicht will ich aber auch einfach nur meine Begegnung mit dem alten Kapitän ein wenig verklären, der mit einem Leuchten in den Augen von seiner Geschichte und seiner jetzigen Aufgabe erzählt hat. 
Auf mich wartet tatsächlich noch der Trollfjord. Am Nachmittag werde ich nämlich eine Seeadler-Safari mitmachen. Ich bin gespannt.