Sri Lanka 17 – Es wird… besser?


Gestern Abend gab es nichts zu Essen für uns. Vor lauter Aufregung, dass ihre Tochter mit Kindern und Mann angereist ist, hat Hilda uns offenbar vergessen. Man kann es ihr aber auch nicht verübeln. Es ist einfach viel passiert in den letzten Tagen. Vielleicht dachte sie auch, dass wir keinen Hunger haben, denn wir wiederum trauen uns nicht nach unten, weil wir zum einen nicht die Familienzusammenkunft stören wollen und zum anderen nicht wissen, wie die Tochter auf uns reagiert. Wir haben noch ein paar Cracker und Kekse und eine Flasche Wein – der Abend bringt uns also nicht um. Und immerhin gibt es keine Hiobsbotschaften.

Wie wir am nächsten Tag herausfinden, reagiert die Schwester sehr gut auf uns. Rangas Schwester strahlt die selbe Herzlichkeit aus wie der Rest der Familie. Sie hat 18 Jahre in England gelebt, ihr Mann arbeitet für die Botschaft und als nächstes soll es wohl nach Deutschland gehen. Wenn sich die weltweite Lage beruhigt hat.

Wir sitzen noch beim Frühstück als sich ein junges, deutsches Paar zu uns gesellt. Hilda kennt sie, sie sind seit mehr als vier Wochen im Land und reisen mit ihrer 7 Monate alten Tochter. Wir tauschen uns aus. Sie haben quasi den gleichen Flug wie wir, nur einen Tag früher. Auch sie haben ein paarmal mit Emirates telefoniert und mussten am Ende einen 20 Stunden Aufenthalt in Dubai in Kauf nehmen, um nach Hause zu kommen. Die 200€ für das Transithotel, um ihre Kleine zwischendurch schlafen zu legen, müssen sie selber zahlen. Aber auch für sie gilt: Hauptsache nach Hause.

Es tut gut, sich auszutauschen, sich gegenseitig Mut zu machen und auch über ganz andere Dinge zu sprechen.
Um uns herum wird es immer leerer, kaum andere Menschen wandern am Strand herum und wir beobachten, wie die Touristen Polizei – das steht auf ihren Uniformen – am Strand patrouilliert.
Trotzdem war es doch kein Abschied vom Strand am Tag vorher; wir dürfen noch ins Wasser und vor dem Haus sitzen, weil wir mit niemandem in Kontakt kommen.

Wir sind froh, dass wir nicht auf dem Zimmer warten müssen. Die kleinen Jungs von Rangas Schwester sind froh, dass sie neue Spielkameraden haben. Irgendwie sind heute alle entspannter.
Wir haben es fast geschafft. Das hebt die Stimmung.

Und wir bekommen so viel Zuspruch von Menschen aus der Heimat. So viele Nachrichten, so viele Fragen, wie es uns geht, Gebete, dass wir heil nach Hause kommen – aus allen Richtungen hat man jetzt das Gefühl, dass wir hier nicht allein sind, auch wenn alle weit weg sind.
Und dafür Danke! Jeder hat jetzt sein Päckchen zu tragen, aber danke, dass Ihr uns nicht vergessen habt!

Heute Abend vergisst uns Hilda nicht mit dem Essen. Um sieben will sie uns auftischen. Wir freuen uns, denn es wird jetzt alles besser. Denken wir.
Und um Viertel nach sieben kommt der absolute Zusammenbruch.

Sri Lanka 16 – Bye Bye Strand


Unsere Flüge sind immer noch bestätigt. Wir sind erleichtert. Heute Morgen bekommen wir ein letztes Mal Frühstück am Strand, ab heute Abend gilt eine Ausgangssperre bis Montagfrüh.
Hilda will uns Toast und Marmelade mit aufs Zimmer geben. Uns ist alles recht, wir sind immer noch dankbar, dass wir hier sein dürfen.

Es gibt hier zwar jeden Tag merklich weniger Touristen, aber auch die wenigen sind auf Nahrungssuche. Viele wollen bei Hilda essen, obwohl man deutlich sieht, dass geschlossen ist. Wir sitzen schon im hinteren Bereich, und trotzdem zeigen andere Gäste auf uns; wir würden ja schließlich auch bedient. Hilda verscheucht sie und sagt mit Blick auf uns: Das sind meine Kinder!

Wir telefonieren nach dem Frühstück mit Ranga, der zu Hause und gerade nicht am Strand ist. Wir wollen wissen, ob es wirklich OK ist, wenn wir heute nochmal baden gehen und uns draußen vorm Restaurant aufhalten. – Ja, selbstverständlich. Nutzt den Tag noch, es ist alles gut.
Und wir fragen ihn wegen der Fahrt zum Flughafen. – Das ist kein Problem, sein Vater macht das. Er schaut, dass alles rechtzeitig klappt.
Und dann die Sache mit der Bezahlung. Wir haben noch umgerechnet ca 200€ in Rupies, aber wir wollten nochmal abheben, was wir nun nicht mehr können. Ich kann ihm aber US Dollar anbieten, die ich noch dabei habe. – Kein Problem. Ihr könnt mir auch das Geld überweisen, wenn Ihr zu Hause seid. Jetzt entspannt Euch mal und genießt noch den Tag.

Wir sind zu Tränen gerührt. Es ist wirklich beeindruckend, was die Menschen hier für uns tun. Mehr als wir hoffen könnten.

Wir verbringen den Nachmittag am Strand, weit weg von den anderen wenigen Touristen. Wir bleiben sogar einmal so lange im Wasser, bis sie den Strandabschnitt verlassen haben, weil sie genau neben unseren Liegen stehen. Wir können es uns jetzt nicht leisten, uns anzustecken. Wir müssen noch zwei Tage durchhalten und vor allem wollen wir Ranga und seine Familie nicht gefährden.

Gegen drei kommt Ranga vorbei und sagt uns, dass ich mit zur Polizei kommen muss. Er braucht einen Passagierschein, damit sein Vater uns am Montagmorgen an den Flughafen fahren darf – und vor allem wieder zurück kommt ohne Strafe. Dafür muss ich mit meinem Pass und der Buchungsbestätigung persönlich zur Polizei.

Ranga sagt mir auf der Fahrt, dass er nicht weiß, wie die Leute jetzt auf mich reagieren. Die Menschen sind verunsichert und wollen sich weit weg von Europäern wissen.
An der Polizeistation müssen wir erstmal gründlich Hände waschen. Ich soll mich draußen hinsetzen, heißt es dort, und Ranga spricht mit dem Polizisten.
Wir kriegen keinen Passagierschein. Den kriegt man wohl nur, wenn man direkt auf dem Weg ist. Wir müssen also am Montagfrüh wiederkommen und hoffen, dass alles klappt.

Solange wir mit ihm Auto sitzen, sei es kein Problem, da Fahrten zum Flughafen erlaubt sind und das Beweis genug sei, aber der Vater könnte auf der Rückfahrt im leeren Auto Probleme bekommen – und das wollen wir auf keinen Fall.

Wir nehmen Abschied vom Strand. Die nächsten Tage verbringen wir auf dem Balkon. Auch ok.

Die Tochter von Hilda mit ihrer Familie trifft am späten Nachmittag auch noch ein. Sie wohnt in Colombo, aber Hilda will ihre Familie zusammen haben. Ranga sagt mir, dass die Schwester der Entscheidung uns aufzunehmen skeptisch gegenüber stand. Können wir verstehen. Trotz der liebevollen Fürsorge, die wir hier erfahren, wissen wir, dass wir in diesem Land nicht mehr erwünscht sind.
Und es sind noch zwei Tage!

Während in Bayern die Ausgangssperre verhängt wird, bekommen wir eine Email von der Botschaft. Angehängt sind die Fluglinien und die geplanten Flüge in den nächsten Tagen. Auch, wenn keine Flugnummern aufgelistet sind, steht doch unverändert da, dass Emirates bis Montag drei Flüge am Tag nach Dubai durchführen wird. Wir sind also weiterhin voller Hoffnung.

Sri Lanka 14 – Zurück zum Start


Innerhalb der nächsten sieben Tage sollen wir erfahren, wie es weitergeht. Wir sind sprachlos. Zum Glück dauert es nicht so lange. Nach knapp zwei Stunden erhalten wir eine Mail, dass wir einen Tag später um die selbe Zeit fliegen sollen. Allerdings nur von Colombo nach Dubai, der Anschlussflug wurde nicht geändert und ist immer noch am Tag vorher nach Hamburg.

Da es schon spät ist, als die E-Mail kommt und wir im online Buchungssystem von Emirates nichts selbstständig ändern können, beschließen wir, uns morgen darum zu kümmern. Schweren Herzens. Denn so eine Unsicherheit ist zermürbend und die Angst, dass wir nicht nach Hause kommen, groß.

Am nächsten Morgen gibt es im Buchungssystem eine Änderung. Unser Anschlussflug wurde zwar dem Tag angepasst, allerdings sollen wir nun um 09:50 in Dubai landen, aber schon um 08:30 weiterfliegen nach Düsseldorf. Unmöglich also. Wir überlegen, was wir tun können. Direkt zum Flughafen fahren? Abwarten? Anrufen!

Wir fragen in der Unterkunft, ob wir im Emirates Büro in Colombo anrufen dürfen. Dürfen wir.
Der Besitzer der Unterkunft zeigt uns das Telefon. Die nächste Dreiviertelstunde verbringe ich in einer Kammer, die von Schimmelgeruch getränkt ist und ca. 50 Grad heiß ist. Ich hänge erstmal mehr als 20 Minuten in der Warteschleife bis jemand rangeht. Ich schildere ihr unsere Situation und sie entschuldigt sich für den Fehler. Nun gilt es, ihn zu lösen. Wir reisen egal wohin nach Deutschland, sage ich ihr. Hauptsache nach Hause. Wir können morgen schon fliegen, wenn es geht.
Geht es aber leider nicht. Der nächste Flug ist am Montag, dann nach München. Sie bucht uns dort aber fest ein. Immer wieder legt sie mich in die Warteschleife, ich bin pitschenass  – sowohl von der Hitze als auch von der Anspannung.

Online können wir sehen, dass unsere Buchung tatsächlich geändert ist. Montag also über Dubai nach München. Zwei Tage später als geplant. Nie kamen uns zwei Tage so lang vor wie in diesem Moment. Aber immerhin.
Nur, wo verbringen wir nun die nächsten fünf Tage? Wir hatten eigentlich drei Nächte in Negombo gebucht, um dann von dort zum Flughafen zu fahren. Aber fünf?
Nein, wir wollen jetzt da sein, wo wir uns wohlfühlen, wo wir wissen, dass wir gut aufgehoben sind.
Ich schreibe Ranga an. Kurz darauf ruft er per WhatsApp an.

Ich erkläre ihm unsere Situation. Er selbst erzählt mir, dass sie das Restaurant schon schließen und keine Gäste mehr aufnehmen. Es wird ihm zu heikel, seine Eltern sind alt und er will sie nicht gefährden.
Aber wir seien ja nun schon zwei Wochen im Land. Symptomfrei? – Ja! Wir fühlen uns völlig gesund.
Dann sollen wir morgen kommen. Das Appartement ist frei und wir können bis zum Abflug bleiben. Er wird auch dafür sorgen, dass wir was zu Essen bekommen, auch wenn vieles jetzt schließt. Wir sind so dankbar!

Wir buchen einen Fahrer für den nächsten Tag, brauchen aber noch den Rest des Tages, um alles zu verdauen. Wir checken regelmäßig alle Entwicklung im In- und Ausland, sind permanent informiert. Viele schreiben uns, dass wir bestimmt bald zurück geholt werden von der Regierung.
Nein. Leider gilt die Rückholaktion nicht für Sri Lanka. Wir haben uns bereits in der Krisenliste eingetragen und eine entsprechende E-Mail von der Botschaft in Colombo erhalten. Immerhin ist der Grund, dass die Regierung hier nicht tätig wird, weil immer noch kommerzielle Flüge gehen. Ein Hoffnungsschimmer.

Der Flughafen in Colombo ist mittlerweile für Einreisen gesperrt. Es kommen nur noch Leerflüge an, um Touristen rauszufliegen. Auch das sehen wir als positiv. Man will uns ja weg haben.
Auch Emirates bestätigt, dass bis Samstag täglich vier Flüge nach Dubai gehen, danach täglich drei.

Am nächsten Morgen überschlägt sich der Koch nochmal beim Frühstück und tischt uns ein sensationelles Omelette auf. Der Tag startet gut und nach dem Frühstück werden wir vom Fahrer abgeholt.
Er trägt ein Tuch um den Mund, dass er immer, wenn wir sprechen, versucht etwas höher zu ziehen. Er hat scheinbar Angst, dass wir ihn infizieren könnten.
Endlich kommen wir in Paradise Bay bei Ranga an. Seine Mutter Hilda begrüßt uns – nicht per Umarmung oder per Handschlag, aber mit einem herzlichen Lächeln. Das erste, das sie auf Deutsch sagt: „Scheiße Corona!“
Ja, recht hat sie!

Aber wir sind wahnsinnig froh, dass wir hier sind. Es ist fast ein bisschen wie nach Hause kommen. Jetzt wird alles gut.
Ranga sagt, dass er sich Sorgen um uns gemacht hat und froh ist, dass er uns die letzten Tage hier noch Unterschlupf geben kann. Wir auch!

Den Nachmittag verbringen wir am Strand. Es ist lang nicht mehr so viel los wie bei unserem ersten Besuch, aber es gibt noch Touristen, die in den Unterkünften rund herum sind. Man hält höflich Abstand voneinander. Jetzt nur nicht krank werden! Bei den kleinsten Anzeichen kommen wir hier für zwei Wochen in Quarantäne – das Letzte, das wir wollen!
Ranga muss unsere Pässe kopieren und uns bei der Polizei registrieren. „Hier gibt es nicht so Menschenrechte wie in Deutschland“, sagt er. „Hier können sie sehr schnell einfach Dinge beschließen und machen.“
Die ersten Ausgangssperren rund um Colombo sind verhängt, unter anderem in Negombo. Wie gut, dass wir nicht dorthin gefahren sind.

Abends kocht uns Hilda, aber es gibt keine Auswahl. Salat und Reis. Egal. Hauptsache Essen. Rangas Frau fragt, ob wir was trinken wollen. – Weißwein wäre toll.
Den müsste man besorgen. – Wir können ja zum Getränkeladen laufen.
Nein, sagt Rangas Vater. Die Menschen sind verunsichert und Weiße nicht mehr überall gern gesehen. Erst recht nicht bei Dunkelheit. Er fährt mit dem Roller und holt uns Wein, ihm sei sowieso langweilig.

Noch vor zwei Wochen sind wir hier im Dunkeln die Straßen entlang spaziert und wurden freundlich von den Einheimischen gegrüßt. Es hat sich so viel und so schnell verändert.

Als wir mit unserem Wein auf dem Balkon sitzen, lassen wir den Tag Revue passieren. Es ist alles verrückt. Wir kriegen viele Nachrichten aus der Heimat. Viele machen sich Sorgen, fragen, wie es uns geht.
Mein Arbeitgeber drückt die Daumen, dass alles klappt und bietet Hilfe an sofern möglich, sollte ich irgendetwas benötigen. Kollegen melden sich und machen uns Mut. Einige schreiben auch, dass wir lieber da bleiben sollen, weil Deutschland so chaotisch ist. Ich verstehe den Gedanken, aber hier fängt es genauso an. Und dann sitzen wir in einem fremden Land, wir sprechen die Sprache nicht, die Menschen fangen an, uns gegenüber argwöhnisch zu werden, die medizinische Versorgung hier geht gegen null. Und da sollen wir bleiben? Nein, wir wollen so schnell wie möglich nach Hause!
Aber unsere Flüge sind für den Montag bestätigt, das checken wir im Stundentakt online. Es wird alles gut.

Und dann bekommen wir eine Mail: Flug von Colombo nach Dubai am 02. April!

Heißes Mädchen


Unsere Koffer wiegen exakt so viel wie sie dürfen. Und das ganz ohne Kontrolle mit einer Waage. Wir sind einfach wahnsinnige Packexperten (oder haben wahnsinnig viel Glück). Mein Handgepäck ist ein klitzekleines bißchen zu schwer, so drei bis fünf Kilo etwa, aber ich tue ganz lässig. Merkt keiner.
Nur der Herr im Flugzeug, der mir hilft, die Tasche in die Gepäckablage zu heben, schaut etwas überrascht.

Der Flug ist nicht gerade ein Fest. Weder meine Freundin noch ich können in den 13 Stunden schlafen, während der dicke Mann zu meiner Rechten selig vor sich hinschnarcht, und der nicht ganz so dicke Mann zur Linken meiner Freundin beinahe mit dem Kopf auf ihrer Schulter liegt.
Dafür kommen unsere Koffer fast als erstes übers Gepäckband in Frankfurt gerollt. Ist ja auch was tolles. Und meine Eltern stehen schon in freudiger Erwartung am Ausgang. Meine Mutter derartig freudig, dass sie beinahe den gesamten Flughafen mit ihren Begrüßungsarien beschallt. Naja, sind bestimmt auch Leute, die nicht abgeholt werden, die haben so auch ein bißchen Wärme und Willkommen abbekommen.

Meine Freundin und ich nehmen Abschied. Für sie geht es weiter nach Berlin, vor mir liegt noch eine Stunde Fahrt in ländlichere Regionen.
Und ich kann nur sagen: wie schön ist Deutschland momentan! Was für ein grün!

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Und ich bin müde. Soooo müde.
Duschen und ein viertel Brötchen essen, schaffe ich gerade noch, dann falle ich in tiefen Schlaf. Um fünf Uhr nachmittags weckt mich meine Mutter nochmal. Überraschungsbesuch von Tante und Cousine. Ich freue mich wirklich, aber stehe gleichzeitig so neben mir, dass ich sofort danach wieder ins Bett husche. Da ist es schon wieder da, das fiebrige Gefühl, das ich in den letzten zwei Wochen immer mal wieder hatte. Dazu habe ich auf den Beinen irgendeinen fiesen, roten Ausschlag.
Nach einer schweißgebadeten Nacht kann ich auch wirklich mal nachmessen, und die Temperatur steuert so auf die 40 zu.

Wie gut, wenn Mama Wadenwickel macht.
Aufs Arbeitsamt muss ich nämlich am nächsten Tag trotzdem, sonst bin ich nicht krankenversichert, und es könnte ja sein, dass ich das jetzt gerade brauche.
In den folgenden Tagen geht es lustig auf und ab. Zwischen 38 und 39 Grad.
Mein Papa wettet schon: ‚ich sag 38,2‘

Aktuell sind es 38. Fühlt sich nach gar nichts an im Vergleich zu vorher. Wer gerne einen Tipp für die nächste Messung abgeben will… Alles ist leichter mit Humor.
Also, ich sag mal 37,5.

Actionheld


In den Tagen vor der Abreise sind wir irgendwie beide gesundheitlich nicht so auf der Höhe. Weder meine Freundin noch ich.
Noch am Vormittag, bevor es zum Flughafen geht, muß ich mehrmals die Toilette konsultieren.
Kann man nichts machen. Wir trinken einen letzten Mate und dann werden wir auch schon abgeholt.
Von Mario.

Taxifahrermario ist der Schwager von Mirta (meiner ersten Vermieterin) und hatte mich schon letztes Jahr zum Flughafen gebracht. Allerdings derartig rotäugig, übermüdet und unkonzentriert, daß ich ihn danach erstmal von meiner Liste möglicher Transfers gestrichen habe.
Nachdem aber mein Unterfangen, die Strecke Flughafen – Stadt mit dem Bus zu erobern in einer halben Weltreise endete, fand ich Mario doch nicht mehr so schlimm.

Er ist auf jeden Fall superpünktlich, und wir haben sowieso eineinhalb Stunden Zeit für die Fahrt eingerechnet. Genug also.

Wir kommen gut voran, und schon bald strahlt Mario: ‚in fünf Minuten sind wir schon auf der Autobahn‘.
Nur leider geht auf der Autobahn nichts mehr.
Stau ohne Ende. Der Grund? Nicht ersichtlich.

Mario fährt also bei der nächsten Gelegenheit wieder ab, und dann kommt der Actionheld in ihm hervor.
Er brettert mit uns durch irgendwelche Seitenstraßen und verwinkelten Wege, donnert bei knallroter Ampel über eine ziemlich große Kreuzung und fährt falsch herum in Einbahnstraßen.
Kommentiert mit einem lässigen: ’na, in Deutschland macht man sowas wohl nicht.‘
Es ist ein bißchen wie eine Hollywoodfilm-Verfolgungsjagd.

Schließlich kommen wir sogar am Ursprung des Staus vorbei. Die Autobahnauffahrt, die er nehmen will, ist dort gesperrt, weil etwa zehn Leute mit Pappschildern wegen irgendwas demonstrieren. Zehn Leute schaffen es, den Verkehr auf der Autobahn lahmzulegen. Das Polizeiaufgebot ist dazu noch wesentlich höher.

Trotz Bittens Marios lassen uns die Polizisten nicht passieren. Bzw sagen sie, wir können ja machen, was wir wollen, aber wenn wir dort durch fahren, werden wir mit Steinen beworfen.
Das ist Mario dann doch zu heikel. Statt dessen wählt er die Methode, trotz Überholverbot an allen anderen, die auch nicht auffahren konnten, vorbeizuziehen.

Und schon kommt die nächste Auffahrt, der Stau ist vorbei, mein Magen sortiert, und wir sind pünktlich am Flughafen.

Wie konnte ich Mario auch nur für einen Moment von meiner Liste streichen?!