Sri Lanka 18 – Das bittere Ende


Wir sitzen beim Essen und machen uns über Hildas Reis und Curry her, als plötzlich die junge Mutter von heute Mittag angerannt kommt. Völlig aufgelöst steht sie vor uns: „Habt Ihr schon gehört; Emirates fliegt nicht mehr nach München und Frankfurt. Unsere Flüge, die aber eigentlich nach Hamburg gehen sollten und für die wir online eingecheckt hatten, wurden auch eben gecancelt. Ich dachte, dass ich Euch lieber Bescheid sage.“

Sie wollte eigentlich in wenigen Stunden mit ihrem Mann und dem sieben Monate alten Baby auf dem Weg zum Flughafen sein, nun steht sie völlig verzweifelt vor uns.
Uns vergeht augenblicklich der Appetit. Wir checken die Flüge – alles bestätigt. Aber auf der Homepage von Emirates steht, dass die Flughäfen nicht mehr angeflogen werden.

Wir werden sofort aktiv. Ich rufe die Botschaft in Colombo an. Dort weiß man offiziell nichts davon, es hätten sich aber schon andere mit der selben Information an sie gewandt. Wir sollen neue Flüge buchen. Es wird so schnell keine Rückholaktion geben. Jeder ist auf sich selbst gestellt und die Gerüchte werden wohl stimmen.
Kurz darauf die neue Nachricht: Emirates steuert Deutschland gar nicht mehr an.
Wir schicken Leute in Deutschland in die Warteschleife von Emirates, weil in Sri Lanka schon alles geschlossen hat – ohne Erfolg.
Wir lassen auch von Deutschland aus noch mal bei der Botschaft anrufen – mit dem selben, traurigen Ergebnis.

Mir fällt eine Bekannte ein, von der ich weiß, dass sie in einem Reisebüro arbeitet. Sie hatte schon im Vorfeld gefragt, ob bei uns alles gut ist.
Ich schicke ihr eine Sprachnachricht mit der Frage, ob sie irgendetwas tun kann.
Ich rufe Ranga an und frage, ob er uns sofort zum Flughafen fahren kann. Wir wollen jetzt einfach vor Ort sein. Er sagt, dass er das machen kann, wenn wir einen bestätigten Flug haben. Ohne den Nachweis bekommt er keinen Passagierschein. Und er versucht uns zu beruhigen: wenn wir hier feststecken, sei das kein Problem. Wir können kostenlos im Zimmer sein, solange es dauert. Es gebe genug zu Essen. Wir sollen uns nicht sorgen.
Wie unfassbar gut kann ein Mensch sein?!

Die Bekannte von Bucketlist Reisen in Stuttgart (der Name muss hier erwähnt sein, weil sie einen wahnsinnig guten Job gemacht hat!) gibt alles. Sie schickt uns so schnell wie möglich einige Optionen. Sie achtet sogar auf den Preis, denn es ist sicher: das Geld ist weg!
Es ist mittlerweile halb neun. Sie findet Flüge um 02:55 Uhr von Colombo nach Dubai nach Stockholm nach Frankfurt für knapp 1300€ pro Person. Buchen!

Jetzt geht alles so schnell. Wir packen, während wir mit unseren Familien schreiben und telefonieren. Ich informiere Ranga. Er holt uns gleich ab, sagt er. Keine Ahnung, ob alles im Koffer ist. Aber Pass und Kreditkarte sind da.

Eine halbe Stunde später ist Ranga da. Wir verabschieden uns von seinen Eltern und fahren los. Erst müssen wir zur Polizei. Er bekommt den Passagierschein ohne Probleme, obwohl es uns wie eine Ewigkeit vorkommt. Er fragt, ob wir die neuen Flüge bezahlen müssten. Ja, leider.
„Wenn Ihr Geld braucht, gebe ich Euch was. Das ist kein Problem. Ihr könnt mir das überweisen, wenn Ihr irgendwann in Deutschland seid.“ Er ist unglaublich. Aber um Geld machen wir uns gerade keine Gedanken, auch wenn es keine zuviel hat.
Hauptsache nach Deutschland. Denn jetzt ist es klar: wir kommen hier sonst nicht mehr weg und keine Botschaft oder Fluggesellschaft hilft uns noch, wenn wir es nicht selbst tun. Wir bekommen nicht mal mehr eine E-Mail, dass unsere Flüge nicht mehr existieren.

Die Straßen sind leer und so sind wir um 23 Uhr am Flughafen. Wir nehmen nun auch Abschied von Ranga.
Der Flughafen ist brechend voll! Einchecken können wir noch nicht. Erst nach einer Stunde dürfen wir uns einreihen. Wir warten eine Stunde und 45 Minuten, bis wir dran sind. Vor uns ist eine Tschechin, die aber nach London gebucht hat. Sie hat keinen UK Pass. Die Frau am Check-in telefoniert lange, denn das Zielland muss jetzt mit dem Reisepass übereinstimmen. Kein Land möchte noch ungebetene Gäste.
Irgendwann wird sie zwar abgefertigt, weil sie zumindest einen englischen Führerschein vorweisen kann, aber ohne Sicherheit, dass sie dort einreisen darf.

Wir haben Flüge mit Emirates bis Stockholm und dann mit Scandinavian bis Frankfurt.
Sie sieht zunächst nur die Flüge bis Stockholm. Logischerweise wird sie auch bei uns skeptisch. Ich zeige ihr unseren gesamten Reiseverlauf auf dem Handy. Sie greift zum Telefon und meine Aufregung steigt. Dann sagt sie: „Ich kann das Gepäck bis Frankfurt durchchecken und Euch die Boarding Pässe komplett ausdrucken. Ist das ok?“
Ja! Ist es! Danke!!

Endlich! Wir haben jeweils unsere drei Bordkarten in der Hand. Wir gehen zum Gate und verlassen pünktlich Sri Lanka.
Der günstigste Urlaub wurde zum teuersten.
Einer der schönsten wurde gleichzeitig der schlimmste und emotionalste.

In Dubai treffen wir sogar noch Bekannte. Coco und Claudio hatten wir in Vietnam kennengelernt. Sie waren in Namibia zum Urlaub machen und haben eine noch schlimmere Odyssee hinter sich als wir.
Wir haben uns zwei Jahre nicht gesehen und treffen uns in Dubai inmitten der Coronakrise.
Ist das Leben nicht manchmal wirklich schräg?

In Dubai stehen, liegen und sitzen die Menschen dicht gedrängt. An Social distancing ist nicht zu denken. Es gibt keine zwei Meter Platz für eine Person. Wenn wir hier nicht infiziert werden, grenzt es an ein Wunder. Aber dann sind wir wenigstens zu Hause krank.

’social distancing‘ in Dubai (C) Maxi Michalzik

Auch der Flug nach Stockholm geht pünktlich weiter. Jetzt haben wir es wirklich fast geschafft.
Und wir schaffen es. In Stockholm ist kaum noch etwas los. Es geht bis nach Frankfurt. Wir sind zurück.

Social distancing, Quarantäne, Homeoffice, Hamsterkäufe,… ich will nichts, was in Deutschland vor sich geht, klein reden, aber ich erlebe das alles so viel lieber in meinen eigenen vier Wänden als in einem Land mit schlechter medizinischer Versorgung, ohne die Sprache zu sprechen, ausschließlich auf die Hilfe anderer angewiesen.

Dieser wirklich wunderschöne Urlaub, den ich auch nicht missen möchte, war überschattet von einer Situation, die es so noch nie gegeben hat. Und wer weiß, wo all das hinführt; welche neuen, besseren Dinge aus der Krise entstehen.
Aber eines ist klar: Schatten gibt es nur dort, wo Licht ist. Danke! An alle, die in dieser Zeit für uns geleuchtet haben.

Danke an Maxi und Gamze für das gemeinsame Durchstehen.

(c) Gamze Kücükertunc

Und weg


Es ist unser letzter Tag in Vietnam. Wir sind so entspannt, wie man es sich wünscht, im Urlaub zu sein. Erstmal in Ruhe Kaffee, dann noch eine Kokosnuss für unterwegs. Wir wandern durch die Stadt und schauen uns alles an, was der Reiseführer empfiehlt. Uns geht es nur noch darum, einen Eindruck zu bekommen. Heute kein Sightseeing extrem mehr, alles in Ruhe. Nach ein paar Stunden kehren wir erhitzt zurück ins Hotel. Bei 38 Grad ist eine Dusche fällig.

Der verwirrte Junge im Eingangsbereich ist gerade nicht da. Gut so. Nach zwei Stündchen Pause zum Runterkühlen beschließen wir, dass es bereits beer O‘ Clock ist. Wir setzen uns wieder an die Straße und schauen dem, noch ruhigen, Treiben zu.

Dann noch einmal Abendessen. Diesmal haben wir richtig Glück. Direkt in unserer Straße bietet ein Restaurant auch vegetarische Speisen an. Wir bestellen fast alles und sind begeistert.

Am Abend steht noch der Besuch einer Sky-Bar an. An sich nicht so mein Ding. Sowas ist zwar hübsch, aber wenn man nicht weiß, was man da so sieht an bunten Lichtern, finde ich es nicht so spannend. Aber ich reise ja nicht allein und lasse mich sowieso gerne auf Dinge ein.

Die Sky-Bar ist schick und teuer und bietet Aussicht auf die ganze Stadt. Wir bleiben für ein Getränk, aber mich zieht es wieder auf die Straße. Ins Geschehen. Ich möchte beobachten und mitten drin sein. Vor allem am letzten Abend. Zum Glück bin ich mit meinen Gedanken nicht allein und so sitzen wir kurze Zeit später wieder mit unserem Bier auf Kinderstühlen am Straßenrand.

Ein Wegbier ist noch drin. Zurück im Hotel treffen wir auf unseren verwirrten Freund. ‚Wieso wir Bier hätten?‘ ‚Wieso denn nicht?!‘ Er habe uns doch gestern auf ein Bier einladen wollen und wir hätten gesagt, dass wir das nicht mögen. Jetzt reißt mir aber wirklich der Geduldsfaden. Schluss jetzt mit dem wilden Zeug! ‚Tomorrow. 6 O‘ Clock. Airport. Ok?‘ Das ist alles, was mich interessiert.

Schlaf finde ich wieder nicht. Aber diesmal muss ich wenigstens kein nächtliches sackhüpfen spielen.

Um viertel vor sechs stehen wir unten im Eingangsbereich auf der Matte. Außerdem noch eine bezaubernde indonesische Familie, die ebenfalls zum Flughafen will.

Der Kerl vom Hotel sitzt auf dem Sofa und reibt sich die Augen.

Wo ist der Shuttle, frage ich ihn. Er schaut mich erstaunt an. Oh, Shuttle. Moment.

Dann geht er raus und telefoniert. Und telefoniert. Und telefoniert.

Dann kommt er wieder und sagt, wir sollten uns vorne an die Straße stellen, da würde dann jemand kommen. Nein, mein Freund. Du kommst mit! Bis der Shuttle da ist.

Ihm bleibt keine Wahl. Er begleitet uns und die indonesische Familie an die Straße. Tatsächlich wartet ein Wagen. Einer. Für die Familie. Und wir?

Jaaaaa, kommt gleich. Wir sollen warten. Aber Du bleibst hier!

Dann fängt er wieder an mit Geld. Plötzlich nennt er uns den doppelten Preis von dem, was wir bereits bezahlt haben.

Ich bin kurz davor, ihn zu schütteln, um seine verknäulten Hirnwindungen irgendwie zu entwirren. Da kommt tatsächlich ein Auto und hält vor uns. Ein älterer, sehr freundlicher Fahrer steigt aus, lädt unsere Koffer ein. ‚Wir haben schon bei ihm bezahlt. Das ist ok, oder?‘, frage ich ihn. ‚Ja, das Geld hole er sich bei ihm wieder.‘ Sehr gut.

Und dann fährt er uns tatsächlich zum Flughafen.

Vietnam. Ich würde wieder kommen.

Norwegen Tag 5


  

  

Der letzte Tag an Bord bricht an. Um 10 Uhr sollen alle Koffer vorm nächstgelegenen Aufzug stehen und die Kabinen geräumt sein. 
Beim Frühstück treffe ich den Kapitän. Er begrüßt mich freundlich und fragt, ob ich schon lange wach sei. Seit acht sage ich. Er sieht mich erstaunt an. Da habe ich aber lang geschlafen. 

Wenn ich ihm noch gesagt hätte, dass ich um eins das Licht ausgemacht habe, hätte er sicher gesagt: So früh!

Tja. Möglichst wenig schlafen, ist eben nicht bei mir.
Da ich nun keinen Platz mehr zum Schneiden habe, befrage ich lediglich noch ein paar Gäste zu ihrem Aufenthalt und dann packe ich das Mikro weg. Genug jetzt. 

Der Himmel reißt auf und zum ersten Mal seit Tagen kann ich selbst wirklich entschleunigen. Ich sitze an Deck und halte mein Gesicht in die Sonne, blinzele ab und zu und erhasche einen Blick auf die vorbeiziehende Landschaft. Schroffe Felsküsten mit Nadelhölzern bewachsen. Manchmal lässt eine Lücke im Fels oder Waldstück eine satt grüne Wiese dahinter erahnen. Als wolle die Natur alles schützen, was im Land dahinter liegt. 

Das Wasser liegt wie schwarzes Glas unter uns, und ein sanfter Wind weht mir durch die Haare. 
Für etwa eine Stunde bin ich ganz allein. Nur selten läuft ein Gast an mir vorbei, und ich genieße die Stille und die wärmende Sonne. 
Selbstverständlich habe ich die Uhr immer ein bisschen im Blick. Ich darf das Mittagessen nicht verpassen. Wer weiß, ob ich auf den Flügen wieder hungern muss. Ich bin ja schließlich klug geworden. 
Und dann löse ich das Versprechen des Kapitäns ein. Obwohl ich in seinen Augen extrem lange geschlafen habe, lässt er mich widerstandslos auf die Brücke.

Er freut sich sogar regelrecht. Willkommene Abwechslung, sagt er. 
Zunächst sitze ich einfach so da und genieße die grandiose Aussicht. 

Dann fängt er an, mir zu erklären, was wir sehen. 

Er erzählt, was ihm das Land bedeutet, dass er versucht, seine Umwelt zu schützen und nachhaltig zu leben. Dass er sich auf seine Familie freut, seine beiden Kinder, die er bald wieder sehen wird: Nach 22 Tagen an Bord hat er 22 Tage frei. 

Die werde er aber auch zum Angeln nutzen. Nur er und die Natur, die Angel und die Lachse. 
Dann berichtet er mir noch freudig, dass er für seine Rückreise zwei Boxen von seinem Lieblingseis ‚getrockneter Fisch‘ bestellt hat. 

„Komisch“, meint er, „das war die billigste aller Sorten.“

Ich kann mir kaum erklären, wieso…
Und dann steuern wir Bergen an. Der erste Offizier lenkt das Schiff gekonnt rückwärts an den Pier, die Motoren verstummen, und die Gäste werden gebeten, das Schiff zu verlassen. 

Ich verabschiede mich. Es ist irgendwie ein seltsamer Abschied. Von einem Menschen, den ich kaum kenne, bestimmt nicht wiedersehen werde und der mir doch für eine Stunde das Gefühl gegeben hat, Teil einer anderen Welt zu sein. Ein schönes Erlebnis. Er nickt mir zu, und ich verlasse das Schiff. 
Die Reise ist noch nicht vorbei!
Alle strömen zu den Bussen. Ich bin mit meinem Voucher bewaffnet und halte Ausschau nach dem Unternehmen, das auf dem Zettel steht. Alle Busse sind mit anderen Firmennamen bedruckt. Ich frage den Busfahrer von einem, auf dem ‚Flughafen‘ steht, ob das der richtige Bus sei. Um ehrlich zu sein, habe er keine Ahnung. Egal. Ich solle einsteigen. Besser, als nach irgendwo da hinten oder irgendwo da unten gehen zu müssen. 
Wir kommen zwei Stunden vor Abflug am Flughafen an. Genug Zeit zum Einchecken, und ich investiere mein letztes Norwegisches Geld in Süßigkeiten für die Kollegen. Bamse Mums. Irgendwelche Bärchen mit Schokolade überzogen, die ich, zugegeben, ausschließlich wegen des lustigen Namens kaufe. 
Und dann haben wir noch mehr Zeit: Der Flug verspätet sich. 

Und noch mehr Zeit. Der Flug verspätet sich weiter. 

Insgesamt fast eine Stunde. 

Na Bravo. 

Umsteigen mit Zeitlimit kenne ich ja schon. 

Beim Anflug auf Amsterdam sagt die Stewardess, dass man den Anschlussflug nach Hamburg vielleicht noch bekommt, wenn man rennt und sich überall durchdrängelt. 
Wenigstens muss ich meinen Koffer nicht abholen. Der ist durchgecheckt bis Hamburg. 
Ich verfluche also die Laptoptasche, Mikrofon und Aufnahmegerät, die mir wie Blei auf den Schultern hängen, während ich über den Flughafen renne. Von Gate B bis ganz hinten bei Gate D. 

Vielleicht kann ich bei Olympia mit einer neuen Sportart antreten: Airport-Running. Übung hätte ich jetzt. 
Pünktlich zum Boarding komme ich an. Was? Da hätte ich mir ja regelrecht Zeit lassen können. Es sind immerhin noch zehn Minuten bis Abflug!

Ich sitze also im Flugzeug. 

Wie sich später herausstellt, war ich schneller als das Flughafenpersonal. Mein Koffer kommt nicht in Hamburg an, sondern verweilt noch in Amsterdam. 

Ich hoffe, er genießt seinen Aufenthalt und kommt dann – ganz entspannt – zu mir zurück. Ich renne ihm bestimmt nicht hinterher!

Norwegen Tag 1


Arbeit kann ja manchmal wirklich cool sein. Wenn man auf eine Schiffsreise nach Norwegen geschickt wird zum Beispiel. 
Ich bin am Abend vorher tatsächlich etwas aufgeregt. Klappt alles? Ist der Anschlussflug von Oslo nach Tromsø nicht zu knapp gebucht worden? Irgendwann schlafe ich dann doch ein. 

Um halb fünf klingelt mein Diensthandy. Das klingelt nicht allzu oft und schon gar nicht nachts. Ich schaue aufs Display: eine mir unbekannte Nummer mit dem Hinweis „aus Rumänien“. Ich nehme nicht an. Es klingelt wieder. Ich drücke weg. Auf so was lasse ich mich gar nicht erst ein. Zwei Nachrichten auf der Mailbox, beides Mal Rauschen. Ich kopiere die Nummer und gebe sie in die Google-Suche. Kein Treffer, nur Foreneinträge über Betrugsanrufe aus Rumänien. Prima. Das ist genau das, was ich um die Uhrzeit brauche. Die Nacht ist quasi vorbei, ohne weiteren Schlaf stehe ich um 6 auf. 

Das Taxi ist pünktlich. Der Flug nach Kopenhagen auch. Von Kopenhagen nach Oslo auch kein Problem. Und dann Oslo – Tromsø. 

Planmäßige Ankunft 12.55 Uhr, nächster Abflug 14 Uhr. Und ich muss dort meinen Koffer vom Band holen, durch den Zoll, neu einchecken und durch die Sicherheitskontrollen. 

Der Flug ist etwas zu spät, und auf dem Kofferband sind viele Koffer, nur nicht meiner. Die Zeit tickt. Nur noch 25 Minuten. Noch kein Koffer. Ich bin nicht die Einzige, die wartet, aber offenbar die Einzige mit einem solchen Kamikaze-Anschlussflug. 

Noch 20 Minuten. Noch 15 Minuten. 

Mein Koffer kommt. Ich renne wie eine Irre durch den Zoll, wo genau niemand steht, den es interessiert. Treppe hoch, Koffer abgeben. „Nein“, sagt die Dame. „Das schaffen Sie nicht. Sie müssen Ihren Flug umbuchen.“

Ich gehe also zum Serviceschalter. Und die Dame dort macht einen Anruf und sagt dann zu mir: „Das schaffen Sie.“ 

Sie rennt voraus. Genau genommen dackelt sie voraus, denn sie hat einen lustig vorgebeugten Gang. Sie schummelt meinen Koffer aufs nächste freie Band und weg ist er. Aber ich bin noch da. Es ist zehn vor. 

Sie bringt mich zur Security und gibt mir einen Fast Lane Pass, und zum Glück nehmen die Norweger mich nicht wie die Hamburger auseinander. Wobei das mit einer kompletten Ausrüstung mit Mikro, Aufnahmegerät, Fotokamera mit mehreren Objektiven und Laptop irgendwie verständlich wäre.  

Ich renne. Und renne. Mit gefühlten 20 Kilo auf den Schultern. Und verdurste nahezu. Natürlich ist das Gate weit hinten. Laut keuchend, schweißgebadet und völlig fertig komme ich an. Wo ist mein Applaus? Wo ist das Empfangskomitee? Ich schiebe mich schnell durch die Ticketkontrolle. Rein ins Flugzeug. Tür zu. Es ist zwei vor Zwei. 

Ich falle in meinen Sitz während die Stewardess die Sicherheitsregeln erklärt und mir wird klar, dass ich noch nicht mal die Hälfte dieses Tages geschafft habe. 

Aber immerhin: Tromsø, ich komme!

  

Sie sind da


Heute Morgen war es soweit; ich habe meine Eltern vom Flughafen abgeholt.
Wieder einmal habe ich mich Mirtas (meine erste Vermieterin) Schwager bedient, der mich zunächst eingesammelt und dann zum Flughafen gefahren hat.
Mit einem Koffer voller Gummibärchen und Schokolade (nicht für mich!!) und einem immerhin mit Klamotten sind wir, trotz des Schwagers zuweilen schwankenden Fahrstils, heil am Hotel angekommen, direkt gegenüber meines Hauses (aus dem heute alle ausgeflogen sind).

Meine Bleibe selbst wurde mit einiger Skepsis betrachtet. Vor allem seitens meiner Mutter. Durch die Augen anderer sehe ich, daß die Standards hier doch simpler sind, was mich bisher keinen Tag gestört hat, und mir mittlerweile kaum noch auffällt.

Das Hotel erfüllt glücklicherweise alle europäischen Gewohnheiten; schick, neu, modern.
Und Bier gibt’s ja in der Stadt zum Glück auch. Und so richtig Urlaub ist schließlich erst, wenns vom Glas eiskalt aufs Bein tropft.
Prost also!

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