Mal wieder Kind sein


Liebe Eltern!
Ich weiß, ich sollte in Eurer Abwesenheit die Blumen gießen, die Wäsche waschen und alles in Ordnung halten.
Aber wisst Ihr, was viel mehr Spaß macht?…

Eine halbe Stunde auf Eurem Bett hopsen. Ich will ja abnehmen. (Sieht stabiler aus, als es ist, das Bett.)

Schon mal das Fundament für unsere echt argentinische Parrilla, also den Grill, gießen. (Das, was ich da noch im Keller gefunden hab, war etwas dickflüssig trotz Wasser. Man kann das doch nachträglich begradigen, oder? Abschleifen?)

Und für mehr Überraschung, alle klaren Alkoholika in andere Flaschen umschütten.

Vielleicht gieße ich morgen die Blumen.

Plan steht


Nach all der Ostervöllerei musste ich meinem Magen Ruhe gönnen.
Keine Süßigkeiten (Ostersonntag war Highlight für alle das Köpfen riesiger Schokoladeneier) und auch keine Fleischexperimente.
Die Rückfahrt aus Córdoba verlief problemlos. Diesmal ohne Mückenschwärme, die uns die Sicht versperren, dafür mit einem Platten, der aber innerhalb von fünf Minuten gewechselt war.

Mir bleiben jetzt nur noch zwei Wochen und zwei Tage bis zur Rückreise nach Deutschland. Aber bis dahin habe ich noch einiges vor:
Pläne zeichnen, denn im Garten meiner Eltern wird es eine Parrilla und einen dazugehörigen Ofen geben. Widerstand zwecklos. Der Anfang ist schon gemacht.

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Die Handarbeit beginnt dann im Mai.

Und noch viel schöner: ich kriege tatsächlich nochmal Besuch. Am Samstag kommt eine Freundin aus Berlin.
Zusammen fliegen wir dann nach Deutschland. Vielleicht fällt der Abschied dann nicht ganz so schwer.

Unsere kleine Farm


Kaum sind meine Eltern da, zerre ich sie auch schon wieder raus aus der Stadt.
Ein Farmausflug ist geplant. Ich war so frei, einfach was zu buchen, und die Unternehmung stößt glücklicherweise auf Zustimmung.
Ehrlicherweise erwarte ich nicht den besten Ausflug aller Zeiten, denn das Ganze war ziemlich günstig und wird auf bekannten Internetbewertungsportalen eher als Kaffeefahrt beschrieben. Mir geht’s aber eigentlich nur darum, daß wir mal was vom Land sehen. Und da wir in der Stadt abgeholt werden, mindestens eine Stunde fahren, und die Farm an sich ganz schön sein soll, erscheint mir das Ganze schon positiv.

Der Tag beginnt mit Regen. In der Nacht hatte es seit mehreren Wochen des Sonnenscheins wie aus Eimern geschüttet. Na prima!
Selbstverständlich werden wir zwanzig Minuten zu spät vom Treffpunkt in Buenos Aires abgeholt. Nichts, was mich besonders überraschen würde.
Allerdings nicht, wie vermutet, in einem Kleinbus, sondern in einem Reisebus.
Also wirklich Massenabfertigung, denke ich.
Auf der Fahrt plärrt die Reisebegleiterin mit schriller Stimme und kaum verständlichem Englisch ins Mikro, um uns auf dem Laufenden zu halten, was die Umgebung angeht, durch die wir fahren.

Eineinhalb Stunden und beinahe Ohrenbluten später biegt der Bus in die Einfahrt der Farm ein, und uns offenbart sich ein bezaubernd angelegtes Gelände mit Rasenflächen, Terrakotta farbenen Gebäuden und einem Reitgelände.

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Wir werden mit Empanadas begrüßt, und das Fleisch für das Mittagessen liegt schon vorbildlich auf dem riesigen Grill. Seit 8Uhr, wie mir der Asador, also Grillmeister, mitteilt, der fleißig glühende Kohlen nachschiebt.
Und siehe da… Mittlerweile strahlt auch die Sonne.

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Natürlich sind neben uns noch viele weitere Touristen da, aber auf dem großzügigen Gelände verteilt sich das so sehr, daß man sich keineswegs wie auf einer Massenveranstaltung vorkommt.
Getränke gibt es den ganzen Tag und Nachschub an Empanadas ebenfalls.
Mein Vater sitzt im Halbschatten einer Palme, mit seinem Snack in der einen und einem Getränk in der anderen Hand, und bietet ein solches Bild der Zufriedenheit, daß selbst die Hofkatze sich seiner nicht erwehren kann und ihm schnurrend um die Beine streicht, in der Hoffnung er möge etwas Essbares fallen lassen.

Ein festes Programm gibt es nicht. Man kann eine fünfminütige Kutschfahrt oder einen ebensolangen bzw kurzen Ausritt mitmachen und das winzige, aber nette Gaucho (argentinischer Cowboy) Museum anschauen.
Und ich bin froh, daß ich keine asiatischen Klischees erfüllen und alle zwei Meter meine fünf Tonnen schwere Kamera aufbauen muß. (Obwohl die Fotos dieser Herrschaften aus Taiwan bestimmt schicker sind als meine.)

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Erst als es dann zum Essen in einem riesigen, aber gemütlichen Saal geht, sieht man, wie viele Besucher die Farm hat, aber das macht sich eher positiv bemerkbar. Denn mit all dem Essen und Trinken, begleitet von hausgemachter Musik und Tänzen, wirkt das Ganze wie eine große Feier.
Zu guter Letzt zeigen die Gauchos etwas von ihrem Können.

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Als wir wieder im Bus sitzen, schweigt die Reisebegleiterin netterweise, und die Gesichter meiner Eltern sind leicht gerötet.
Ob vom argentinischen Wein oder von der Sonne… Es war auf jeden Fall ein schöner Tag.

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Mein zweiter Geburtstag


Der Tangotanzlehrer hat Geburtstag. Seinen 31. Also haben wir nach dem Unterricht gefeiert. Wie es sich gehört wieder mal mit einem Asado.

Diesmal in kleiner Runde. Nur das Pärchen, das mit mir Unterricht nimmt, zwei Bekannte und die beiden Tanzlehrer.
Das heißt aber nicht, daß es dann weniger zu Essen gibt. Wiedereinmal landeten Kiloweise Fleisch auf dem Grill, dazu Brot, etwas Salat und viel Wein.

Wiedereinmal gab es anschließend auch Nachtisch in Form einer tollen Schokotorte.

Und wiedereinmal habe ich schlicht und einfach zu viel gegessen. Mein Magen war erst am späten Nachmittag des Folgetags wieder aufnahmefähig, und ich muß endlich lernen, daß es keine gute Idee ist, alles zu probieren, wenn man bestimmte Dinge nicht gewohnt ist.

Also: Das nächste Mal muß ich die Schokotorte unbedingt weglassen!

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Bein bitte


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Die Uhren ticken hier anders. Wenn man zum Abendessen verabredet ist, heißt das, man trifft sich gegen halb zehn irgendwo, geht seeeehr langsam und gemütlich los und isst gegen elf. Um diese Uhrzeit sind die Restaurants voll. Man ist dann dementsprechend lange wach, um das Ganze zu verdauen. So zumindest am Wochenende.

Auch ein Sonntag beginnt gemüüütlich. Und in meinem Fall mit einem ASADO!

Asado ist grillen. Bitte jetzt keine Gedanken an Gasgrill und ein paar Würstchen! Nein, gegen elf lagen Huhn und Rind (pollo y carne! Laut Sprachgebrauch ist ein Huhn tatsächlich nur ein Huhn und nicht ‚carne‘, also übersetzt Fleisch) auf dem ‚parrilla‘ im Garten (einem gemauerten Grill, der Größe eines Kamins) und haben es sich so langsam warm gemacht. Gegen zwei war es dann soweit. Und auch wenn man hier mit den Augen rollt, wenn sich jemand als Vegetarier outet- den Salat und die Guacamole essen sie dann doch ziemlich gern.

Und nun die große Frage: hat sie oder nicht?

Klar, hat sie! Das erste Stück Fleisch, das ich probiert habe… Fürchterlich!!! Ich dachte, es sei Huhn, soll aber Rind gewesen sein. Fett und komplett durchgebraten. Das war ein Stück aus der Bauchgegend, sagt man mir. Ja, laßt es am Bauch. Stand der Kuh bestimmt gut!

Das Huhn hat mich einfach nicht angelächelt. Federvieh eben. Gackert, pickt, legt Eier, aber essen… kein Bedarf. Da habe ich weder Mitleid noch Gelüste.

Aber dieses eine Stück… Ohne Fett, ganz zart und durch und durch mit Geschmack! Ich hab’s aufgegessen. War gar nicht konsistenzgestört, fad oder ‚wird mehr, wenn man darauf kaut‘. Es war das Bein! Liebe Kuh, ich danke Dir für dieses schmackhafte Stückchen Bein, und ich würde es wieder tun!

Nicht, daß jemand denkt, ich hätte Massen verdrückt. Ich habe auch die Blutwurst missachtet. Das wäre ein bißchen viel für den Anfang. Aber es war ein Stück, und trotzdem fühle ich mich immer noch sehr fleischlos. Vielleicht, weil ich mir beim essen die Wiese, auf der das Rind wohnte, so lebhaft vorstellen konnte. Und die Gräser, die es gefuttert hat. Ich glaube, das Rind, von dessen Bein ich heute ein Stück gegessen habe, war sehr glücklich.

Aber bin ich jetzt eigentlich noch Vegetarier?