Noch mehr Kaffee


Mit dem Kaffeethema sind wir noch nicht durch. Nachdem wir einige Stunden durch Hanoi gelaufen sind, am Ho Chi Minh Museum waren und als Hellhäutige selbst kurz als Touristenattraktion dienten, könnten wir wieder einen Kaffee vertragen. In einer Seitenstraße sind zwei Cafés nebeneinander. Das eine etwas hübscher und westlicher, das andere eine offene Garage voller Vietnamesen auf kleinen Plastikstühlen. Für uns eher Kinderstühle, aber die scheinen hier sehr populär zu sein. Zugegeben: die Vietnamesen sind auch alle nicht sehr groß.

Für mich ist die Entscheidung klar; es wird die Garage. Schon beim Betreten richten sich alle Blicke auf uns. Hauptsächlich erstaunte. Ich gehe an die kleine Theke, hinter der eine Vietnamesin herumwuselt. Sie beachtet mich nicht. Also setzen wir uns einfach und siehe da, man kommt sofort zu uns. Ein älterer Herr mit nicht viel mehr als vier dunkelgelben Zähnen lächelt übers ganze Gesicht und nickt uns zu. ‚Coffee please‘, sagen wir… und schon greift die Kollegin am Tresen zum Löslichen. ‚No, no, no!!!‘ Wir zeigen auf den Kaffee am Nachbartisch. Dort stehen auf den Gläsern kleine, metallene Filter, durch die der dickflüssige Kaffee tropft. Die wollen wir. ‚Hot‘, bitte. Bekommen wir. Und zwar in Tassen, die Gläser sind wohl für die kalte Variante. Dazu noch zwei Gläser Tee. Der Tee ist wirklich gut und dient als Überbrückung, denn bis der Kaffee durchgelaufen ist, dauert es ca zehn Minuten. Und der schmeckt sooo gut. Kräftig nach Nuss und irgendwie karamellig. Wir überlegen, ob dem Pulver noch was beigemischt wurde. Sirup vielleicht? Liegt es an der Röstung? Er schmeckt definitiv anders als bei uns.

Wir wollen sehen, wie sie das Pulver in den Filter macht, aber das versteht hier leider keiner. Der ältere Herr reagiert aber auf unsere Versuche, mit Händen und Füßen etwas zu erreichen, extrem bemüht. Er bringt uns zwei Gläser und gießt unseren Kaffee nochmal auf. Damit wir sehen können, wie er durchläuft. So muss er es verstanden haben; dass wir noch nie Kaffee haben durchlaufen sehen. Er ist so bemüht und freundlich und strahlt uns an, dass wir nicken und uns bedanken und ihm zur Freude fasziniert den herabtropfenden Kaffee anschauen. Auch der schmeckt gut, aber ich fange nach zwei so starken Tassen langsam an zu zittern. Zeit, weiterzuziehen. Wir bezahlen, bedanken uns euphorisch und verlassen das Café. Verfolgt von einem Lächeln mit vier großen, gelben Zähnen.

Kaffee und Kommunismus


Unser erster Tag beginnt mit der Suche nach Kaffee. Das Frühstück im Hotel haben wir erfolgreich verschlafen, erst gegen Mittag machen wir uns auf, Hanoi bei Tag zu erkunden.

Wir steuern ein Café an, das ganz nett aussieht und lernen schnell: alles, was hier hübsch aussieht, ist eher für Touristen gemacht. Und dann heißt Kaffee Nescafé und kostet mehr als in den anderen Buden. Bevor der Kellner das Übel anrühren kann, halten wir ihn auf: no, no, nooo! Wildes Fuchteln mit den Armen. Die Kaffeelösung wurde gestoppt. Vietnamesischen Kaffee wollen wir, und man stellt die Dose Pulverkaffee zurück ins Regal. Erste Frage: mit Milch? Ja, ich schon. Wieder was gelernt: Milch ist hier gesüßte Kondensmilch. Nicht mein Ding. Ab jetzt trinke ich schwarz.

Das Englisch der Vietnamesen ist sehr vietnamesisch, weshalb mich die zweite Frage vor ein größeres Rätsel stellt. Sie klingt wie: ‚ho o go‘. Wir wiederholen unser vehementes ‚no milk‘. Ja, ja. Das scheint es nicht zu sein. Ho o go… vielleicht ‚home oder to go‘? Take away sage ich. Der Kellner nickt und fragt wieder ‚ho o go‘. Sekunden verstreichen, in denen ich den Kellner nur anstarre, während mein Hirn versucht, daraus eine sinnvolle Frage zu bilden. Und dann habe ich es: hot or cold. Bei vietnamesischen Temperaturen durchaus angemessen. Die Frage begegnet uns ab jetzt regelmäßig, aber wir sind gewappnet.

Der Kaffee ist ok, aber irgendwie nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Ich will näher dran sein. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich da doch ein Hauch von touristenfreundlichem Westkaffee eingemischt hat. Und deshalb stürze ich auf den nächsten Laden, an dem Kaffee steht. Auf einer kleinen Tafel mit Kreide. Hätte ich vorher darüber nachgedacht, hätte ich es wohl nicht gemacht. Ich ernte erstaunte Blicke; sowohl von dem Mädchen, die in dem garagenartigen Eingang steht als auch von meiner Reisebegleitung. Zu spät. Zu euphorisch habe ich schon auf die Tafel getippt und auf das Wort Coffee gedeutet. Zwischen einer schwarz angelaufenen Wand (ich weigere mich, es Schimmel zu nennen), ihrem dazwischen schlafenden Kumpanen und undefinierbaren Küchenutensilien bereitet sie mir einen Kaffee im Plastikbecher mit Strohhalm zu. Dieser Kaffee ist wirklich gut. Nur der letzte Schluck schmeckt etwas nach Plastik.

Danach besuchen wir das ehemalige Gefängnis, das heute ein Museum ist und die Geschichte des Gefängnisses darstellt. Grob zusammengefasst: die bösen Ausländer kamen zu den guten, kommunistischen Vietnamesen, nahmen sie auf brutale Art gefangen und quälten sie, doch die guten und immer tapferen Vietnamesen verloren, dank ihres kommunistischen Geistes, niemals, niemals, niemals den Mut und konnten so am Ende ihre Feinde, selbst in Gefangenschaft, zu ebenfalls guten Menschen machen, mit denen sie sogar gemeinsam musizierten und lehrten.

Lassen wir das einfach so stehen.

Ausgeschlossen


Es gibt ja so Tage…
So Tage, die man sich auch sparen kann. So einer war gestern.

Mir ging es immer noch nicht besonders gut, aber irgendwie hatte ich mal wieder Lust auf Nudeln mit einer schön scharfen Tomatensoße.

Ich gehe also zum Supermarkt, um alles Nötige zu besorgen.

In Buenos Aires ist es eigentlich nicht möglich, seinen Schlüssel zu vergessen, denn für gewöhnlich sind die Türen immer von innen verschlossen. Ohne Schlüssel kommt man also erst gar nicht raus.
Doch hier finden sich andere Wege, sich „auszuschließen“.
Zum Beispiel läßt sich die Tür einfach nicht mehr öffnen.

Ich komme zurück vom Supermarkt, will aufschließen, und es geht nicht.
Der Schlüssel läßt sich im Schlüsselloch einfach nicht drehen. Egal, was ich versuche, die Tür bleibt zu.

Leider sind alle Vögelchen ausgeflogen. Die Tochter des Hauses zur Arbeit und der Hausherr zu Besorgungen in die Stadt. Und mein Handy liegt natürlich in meinem Zimmer. Schließlich wollte ich nur fünf Minuten weg bleiben. Ich muß also warten, bis irgendwer nach Hause kommt.
Das wird am ehesten der Hausherr Fernando sein. Aber wann?

Erstmal Kaffee trinken.
Im Café in der Nähe gibt es nur gerade keinen Kaffee. Stromausfall.
Dann eben Limonade. Ist mir jetzt auch egal.
Ich schlage dort ein bißchen Zeit tot, neben mir meine Einkaufstasche, und gedanklich schon im Bett, weil ich mich wirklich nicht wohl fühle. Auf die Nudeln habe ich mittlerweile keine Lust mehr.

Ich kann mich nicht ewig in dem Café ohne Kaffee aufhalten, außerdem will ich ja nicht verpassen, wenn jemand nach Hause kommt.
Ich gehe also zurück. Und warte. Und warte. Und warte.
Wenn man im Schatten steht, wird es schon teilweise sehr kühl. Und mittlerweile stehe ich im Schatten.
Zwischendurch versuche ich immer mal wieder die Tür aufzuschließen, aber die bleibt stur.
Als es mir irgendwann doch zu kalt wird, setze ich mich schräg gegenüber in ein American Diner und bestelle, weil ich ja irgendwas bestellen muß, mit dem ich eine Weile bleiben kann, eine Portion Pommes.
Die Pommes sind schrecklich, aber wenigstens taue ich langsam wieder auf.
Und dann kommt Fernando. Insgesamt sechs Stunden später!

Und er kann die Tür auch nicht aufschließen. Vor Ewigkeiten sei das schon mal passiert, sagt er. Vor Eeeewigkeiten.
Da stehen wir also. Vor der blöden Tür, die uns nicht reinlassen will.
Da fällt ihm was ein. Er läßt sich vom Automechaniker um die Ecke den Schlüssel zerteilen und siehe da… Mit einem halben Schlüssel läßt sie sich öffnen, die sture Tür.

Fernando leitet umgehend Präventionsmaßnahmen ein, und läßt auf der Stelle für jeden Hausbewohner einen Schlüssel zu seinem Büro kopieren. Nur so für alle Fälle. Daß wir wenigstens irgendwo reinkommen.

Ich leite weitere Auftaumaßnahmen in Form von Wärmflasche und Tee ein, aber die Bronchitis ist trotzdem heute da.

Und natürlich war auch noch ein Ei in der Einkaufstasche kaputt, so wie es sich für so einen Tag gehört. So Tage, die man sich auch sparen kann.

Fast Food und die liebe Geschwindigkeit


Verabredung und drei Minuten zu früh an Ort und Stelle. (ICH KANN EINFACH NICHT ANDERS; DAS LIEGT IN MEINEN GENEN!)
Wie praktisch, McDonald’s befindet sich direkt neben mir, dann hole ich mir noch schnell einen Kaffee.

Wie konnte ich nur auf die Idee kommen, daß hier irgendwas schnell geht! Eigentlich müßte ich es doch besser wissen!

Drei junge Mädchen hinter dem Tresen versuchen sich an der Kaffeemschaschine, um meinen Kaffee zuzubereiten. Ich bin übrigens der einzige Kunde.
Nach fünf Minuten ist die Aktion mit Erfolg gekrönt. Ich halte meinen Kaffee in der Hand und werde freundlich angelächelt und verabschiedet. Tja, fehlt nur mein Wechselgeld! Als ich das erwähne, geraten die drei Mädchen in Aufruhr.
Oh, natürlich! Es sei nur gerade kein Kleingeld (ich wartete auf 30Pesos) in der Kasse.

Also, die Kasse nebenan.

Ob ich nicht Platz nehmen und es mir bequem machen wolle.
Nein, ich habe Eile.

Ungefähr weitere acht Minuten später habe ich dann auch mein Wechselgeld.
Fast eine Viertelstunde für einen Kaffee in einem leeren Schnellrestaurant!

Also wirklich! Da plagen wir uns ab in Deutschland mit einem Salatblatt im Wrap oder einer frischen Tomate auf dem Burger, damit es zum gesünderen Slowfood werden kann. Wie umständlich!

Die Argentinier lassen sich einfach so viel Zeit, daß alles automatisch zu Slowfood wird!

Bitter macht wach


20131008-170530.jpg In der Schule gibt es morgens Kaffee. Und Tee. Ganz normalen Tee. Beutel und heißes Wasser in Tassen. Allerdings eher frequentiert von den Schülern, nicht von den Lehrern.

Die haben ihre eigenen Thermoskannen. Und zwar permanent dabei. Wie sehr viele der Argentinier. Denn nur so können sie ihren unerschöpflichen Vorrat an Mate Tee aufrecht erhalten.

Ich bin mittlerweile auch keine Jungfrau mehr in Sachen Mate. Schon am zweiten Tag hab ich probiert.
Das Leben kann manchmal bitter sein, der Mate ist es immer. Selbst mit Honig, denn freundlicherweise hat man mir zum Anfang erstmal eine ’süße‘ Version angeboten. Mate mit Honig ist ungefähr so, als würde man versuchen, einem Sojasoße als Schokolade zu verkaufen. Es funktioniert einfach nicht. (Damit will ich nicht sagen, dass Mate auch nur ansatzweise nach Sojasoße schmeckt.) Entweder man mag ihn in seiner Bitterkeit oder eben nicht.

Ich mag ihn. Auch, wenn ich ihn nicht mit jedem trinken würde. Denn man teilt sich in der Regel ein Gefäß und einen Trinkhalm, der aus Holz oder Metall sein kann. Einer (der mit der Thermoskanne) gießt heißes Wasser auf die Kräuter und läßt das Gefäß dann rumgehen. Wenn die Flüssigkeit alle ist, wird Wasser nachgegossen.

Und so geht das den ganzen Tag.

Wer schon mal Mate in Deutschland aus der Flasche getrunken hat, hat etwa ein viertel an Bitterkeit probiert, wie beim richtigen Mate.

Und das Zeug macht wach. Wahrscheinlich sind die Nächte hier deshalb so lang…