Heißes Mädchen


Unsere Koffer wiegen exakt so viel wie sie dürfen. Und das ganz ohne Kontrolle mit einer Waage. Wir sind einfach wahnsinnige Packexperten (oder haben wahnsinnig viel Glück). Mein Handgepäck ist ein klitzekleines bißchen zu schwer, so drei bis fünf Kilo etwa, aber ich tue ganz lässig. Merkt keiner.
Nur der Herr im Flugzeug, der mir hilft, die Tasche in die Gepäckablage zu heben, schaut etwas überrascht.

Der Flug ist nicht gerade ein Fest. Weder meine Freundin noch ich können in den 13 Stunden schlafen, während der dicke Mann zu meiner Rechten selig vor sich hinschnarcht, und der nicht ganz so dicke Mann zur Linken meiner Freundin beinahe mit dem Kopf auf ihrer Schulter liegt.
Dafür kommen unsere Koffer fast als erstes übers Gepäckband in Frankfurt gerollt. Ist ja auch was tolles. Und meine Eltern stehen schon in freudiger Erwartung am Ausgang. Meine Mutter derartig freudig, dass sie beinahe den gesamten Flughafen mit ihren Begrüßungsarien beschallt. Naja, sind bestimmt auch Leute, die nicht abgeholt werden, die haben so auch ein bißchen Wärme und Willkommen abbekommen.

Meine Freundin und ich nehmen Abschied. Für sie geht es weiter nach Berlin, vor mir liegt noch eine Stunde Fahrt in ländlichere Regionen.
Und ich kann nur sagen: wie schön ist Deutschland momentan! Was für ein grün!

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Und ich bin müde. Soooo müde.
Duschen und ein viertel Brötchen essen, schaffe ich gerade noch, dann falle ich in tiefen Schlaf. Um fünf Uhr nachmittags weckt mich meine Mutter nochmal. Überraschungsbesuch von Tante und Cousine. Ich freue mich wirklich, aber stehe gleichzeitig so neben mir, dass ich sofort danach wieder ins Bett husche. Da ist es schon wieder da, das fiebrige Gefühl, das ich in den letzten zwei Wochen immer mal wieder hatte. Dazu habe ich auf den Beinen irgendeinen fiesen, roten Ausschlag.
Nach einer schweißgebadeten Nacht kann ich auch wirklich mal nachmessen, und die Temperatur steuert so auf die 40 zu.

Wie gut, wenn Mama Wadenwickel macht.
Aufs Arbeitsamt muss ich nämlich am nächsten Tag trotzdem, sonst bin ich nicht krankenversichert, und es könnte ja sein, dass ich das jetzt gerade brauche.
In den folgenden Tagen geht es lustig auf und ab. Zwischen 38 und 39 Grad.
Mein Papa wettet schon: ‚ich sag 38,2‘

Aktuell sind es 38. Fühlt sich nach gar nichts an im Vergleich zu vorher. Wer gerne einen Tipp für die nächste Messung abgeben will… Alles ist leichter mit Humor.
Also, ich sag mal 37,5.

Entdeckung der Langsamkeit


Einkaufen. Das Gute ist, daß die Supermärkte täglich bis neun geöffnet haben. Und meine Theorie ist, daß sie das auch müssen, weil sonst niemand zum Kaufen käme, denn ein Besuch im Supermarkt nimmt Zeit in Anspruch!

Ich möchte ein Stück Käse kaufen, Brot, eine Avocado, eine Zitrone und eine Zwiebel. Ich könnte in den Käseladen gehen, dann zum Bäcker und zum Gemüsehändler. Oder ich versuche es eben im Supermarkt, denn da gibt es alles.

Zeiträuber 1: sämtliche Käsestücke sind eher für Familien abgewogen als für eine Einzelperson. Ich möchte kein halbes Kilo Käse kaufen, also suche ich nach dem kleinsten Stück. Das dauert und kostet verhältnismäßig viel.

Zeiträuber 2: Gemüse muß man abwiegen lassen. Ein Mann wiegt alles, und da alle irgendwelches Gemüse kaufen, ist die Schlange dementsprechend lang. Und selbstverständlich wird jedes Stück in eine eigene Tüte verfrachtet.

Mittlerweile, eine halbe Stunde später, habe ich also vier Tüten. Eine mit einer Zitrone, eine mit einer Avocado, eine mit einer Zwiebel und eine mit Brot. Dazu kommt mein abgepackter Käse.

Zeiträuber 3: die Kasse. Es gibt zwar viele Kassen, aber vor allen steht jeweils eine lange Schlange. Also anstellen. Und teilhaben an der Entdeckung der Langsamkeit!
Die Kassiererinnen ziehen einen Artikel nach dem anderen vor den Sensor, wie in Deutschland, nur viel laaaangsamer. Und es gibt pro Einkauf immer ein oder zwei Artikel, die Probleme bereiten. Die der Sensor nicht lesen kann zum Beispiel. Aber bevor man die Nummer manuell eingibt, versucht man es lieber zwanzigmal. Und wenn man dann die Nummer manuell eingibt, vertippt man sich am besten und fängt von vorne an.
Und es gibt auch grundsätzlich kein Wechselgeld. Also schreit die Kassiererin jedesmal nach ihren Kolleginnen, ob die vielleicht gerade Kleingeld haben. Haben sie nicht normalerweise. Wenigstens wird der Einkauf großzügigerweise um ein paar Centavos abgerundet.

Ich habe also jetzt ein Stück Käse, eine Zitrone, eine Avocado, Brot und eine Zwiebel. Etwa eine Stunde nach Betreten des Supermarktes.

Das nächste Mal gehe ich zum Bäcker, zum Gemüsehändler und zum Käseladen.

ASADO Nr. 2


20131014-220551.jpg Es ist Montag. Es ist Feiertag. Eigentlich war der Feiertag am Freitag…oder am Donnerstag? Auf jeden Fall ist der Montag frei, und was genau gefeiert wird, wissen wahrscheinlich nur Lehrer, Politiker und Geschichtsstudenten. (Was ich herausgefunden habe, ist, daß es was mit der Ankunft von Columbus zu tun hat, und der Feiertag vor wenigen Jahren umbenannt wurde.)

Egal, der Montag ist frei, die Sonne scheint, also auf zum Asado! (Grillen auf argentinisch)
Mein Magen hat sich wieder eingerenkt, auch dank des Höllentees und der zwei Stücke Zwieback, die ich unter strengen Augen Mirtas essen mußte. Trotzdem werde ich heute keine Experimente machen. Also kein Fleisch für mich!

Während das Fleisch und das Huhn (wir erinnern uns: Huhn ist Huhn und Fleisch ist Fleisch) laaaaangsam auf dem Grill schmoren – das ist tatsächlich eine Sache von mehreren Stunden – ist der Salat (den ja offiziell keiner ist, aber der immer als erstes leer ist) schon zubereitet, die Stimmung ist entspannt, man trinkt Mate, und dann die Frage, wer eigentlich alles kommt.
„Naja, ich hab die und den eingeladen,..“ „Achso? Der und die kommen übrigens auch noch…“ Also, ….. 18 Personen!
Organisation läuft hier ein bißchen anders.

Plötzlich herrscht leichte Panik in dem kleinen Garten. 18??? Wir haben zu wenig Fleisch! Wie sollen 7!!! Kilo Fleisch plus ein ganzes Huhn plus Innereien, Würste und Brot für 18 Personen reichen, von denen zwei!! Vegetarier (ja, ich bin nicht allein) und zwei Kinder sind?!

Die Lösung war ein weiterer Salat, quasi Füllmaterial. Ob es nun der Salat war oder ob ein halbes Kilo Fleisch pro Person plus Huhn plus Innereien plus Würste und Brot einfach genug ist… Es hat gereicht!
Und es wurde gelacht und erzählt und Fernet mit Cola (anscheinend die ultimative Verdauungshilfe hier) getrunken. Ein Bienenstock an guter Laune!
Und sehr freundliche Momente der Kontaktaufnahme: MI – NOMBRE – ES – LORENZO!
Ja, danke! Ich bin zwar aus Deutschland, aber weder taub, noch muß ich mitschreiben können, wenn jemand spricht. Trotzdem nett, wie sich alle Mühe geben. Ist auch wirklich nicht leicht in dem Gesumm was zu verstehen.

Gegen sechs Uhr Abends leerte sich der Garten, und all die prall gefüllten Bäuche gingen ihrer Wege. Nur meinen habe ich heute nicht überfordert. Denn morgen ist wieder Schule! Schon um neun und dann bis zwei. Eine Stunde länger jeden Tag, denn der Montag war ein Feiertag…