Ein Wunder


Es ist also 5 Uhr morgens. An der Bushaltestelle werden wir tatsächlich empfangen. Eine kleine Vietnamesin, die aussieht wie 15 – sie ist 21, erfahren wir später – strahlt uns entgegen. Die gebuchte Unterkunft ist direkt hinter uns. Sie nimmt unsere Pässe und fragt, was wir vorhaben. Ich bin seit fast 24 Stunden wach, meine Knie zittern und ich bin sooo müde. Eigentlich war die Idee, Phong Nha auf eigene Faust zu erkunden, aber daran kann ich gar nicht denken. Wir fragen sie also, welche Möglichkeiten sich bieten. Eine Tour gleich am Morgen. Ja, buchen wir. Mit anderen Worten: in drei Stunden.

Obwohl wir so früh ankommen, dürfen wir bereits ins Zimmer. Wir können auch um halb acht frühstücken, wenn wir wollen. Eigentlich haben wir nur eine Nacht gebucht und Frühstück erst am nächsten Tag, aber die Leute hier sind wahnsinnig freundlich.

Mir bleiben also zwei Stunden Schlaf, bevor wir uns auf eine Tagestour begeben. Ich schlafe so schnell ich kann.

Zum Frühstück gibt es zum Glück starken Kaffee. Die Küche liegt direkt am Speiseraum, der auch gleichzeitig Eingangsbereich ist. Es ist so blitzblank sauber, wie ich es selten gesehen habe. Aus der Küche kommt leiser Gesang, während die zierlichen Mädels meinen Bratreis zubereiten. Ich brauche jetzt was um den Tag zu überstehen.

Wir werden mit einem kleinen Shuttlebus abgeholt und in einer Gruppe von sieben Leuten zum Nationalpark gefahren. Es ist alles so anders als in der Halong Bucht. Hier hat man das Gefühl, dass man die Natur wirklich bewahren möchte. Natürlich nutzt man den Tourismus, aber man lehrt den Besuchern Respekt vor dem, was sie sehen.

Unser erster Halt ist die Paradise Cave. Von ca 31km Höhlengang ist ein Kilometer für die Öffentlichkeit zugänglich. Nicht mit in den Fels gehauenen Stufen, sondern einer Holzkonstruktion, die versucht möglichst viel unbeschadet zu lassen. Was sich hinter dem Eingang bietet, macht mich sprachlos: Diese Höhle, die sich als riesiges Gewölbe unter der Erde ausbreitet, gehört zu den schönsten Dingen, die ich in meinem Leben jemals gesehen habe. Die Tropfsteine funkeln in verschiedenen Farben von hellem Grün über zartem Rosa, Himmelblau bis hin zu Creme und Elfenbein. Die Formen, die die jahrmillionen alten Stalagmiten und Stalaktiten bilden, sind so unterschiedlich, dass man keine findet, die der anderen ähnelt; Dort sitzt ein Kaiser auf seinem Thron, da blickt eine Eule auf alle herab, ein Zwerg schaut aus der Wand, tausende von Blüten bedecken eine Hütte in Form eines Pilzes. Es ist, als habe die Natur selbst eine Kathedrale erbaut. Einfach magisch.

Ich halte inne und atme noch einmal die leicht feuchte Luft in dem angenehm temperierten Höhlensaal ein – und gehe mit einer Erinnerung, die zu den schönsten meiner Reisen gehört, nach draußen ins Sonnenlicht.

Und der Tag ist noch nicht vorbei…

Noch mehr Kaffee


Mit dem Kaffeethema sind wir noch nicht durch. Nachdem wir einige Stunden durch Hanoi gelaufen sind, am Ho Chi Minh Museum waren und als Hellhäutige selbst kurz als Touristenattraktion dienten, könnten wir wieder einen Kaffee vertragen. In einer Seitenstraße sind zwei Cafés nebeneinander. Das eine etwas hübscher und westlicher, das andere eine offene Garage voller Vietnamesen auf kleinen Plastikstühlen. Für uns eher Kinderstühle, aber die scheinen hier sehr populär zu sein. Zugegeben: die Vietnamesen sind auch alle nicht sehr groß.

Für mich ist die Entscheidung klar; es wird die Garage. Schon beim Betreten richten sich alle Blicke auf uns. Hauptsächlich erstaunte. Ich gehe an die kleine Theke, hinter der eine Vietnamesin herumwuselt. Sie beachtet mich nicht. Also setzen wir uns einfach und siehe da, man kommt sofort zu uns. Ein älterer Herr mit nicht viel mehr als vier dunkelgelben Zähnen lächelt übers ganze Gesicht und nickt uns zu. ‚Coffee please‘, sagen wir… und schon greift die Kollegin am Tresen zum Löslichen. ‚No, no, no!!!‘ Wir zeigen auf den Kaffee am Nachbartisch. Dort stehen auf den Gläsern kleine, metallene Filter, durch die der dickflüssige Kaffee tropft. Die wollen wir. ‚Hot‘, bitte. Bekommen wir. Und zwar in Tassen, die Gläser sind wohl für die kalte Variante. Dazu noch zwei Gläser Tee. Der Tee ist wirklich gut und dient als Überbrückung, denn bis der Kaffee durchgelaufen ist, dauert es ca zehn Minuten. Und der schmeckt sooo gut. Kräftig nach Nuss und irgendwie karamellig. Wir überlegen, ob dem Pulver noch was beigemischt wurde. Sirup vielleicht? Liegt es an der Röstung? Er schmeckt definitiv anders als bei uns.

Wir wollen sehen, wie sie das Pulver in den Filter macht, aber das versteht hier leider keiner. Der ältere Herr reagiert aber auf unsere Versuche, mit Händen und Füßen etwas zu erreichen, extrem bemüht. Er bringt uns zwei Gläser und gießt unseren Kaffee nochmal auf. Damit wir sehen können, wie er durchläuft. So muss er es verstanden haben; dass wir noch nie Kaffee haben durchlaufen sehen. Er ist so bemüht und freundlich und strahlt uns an, dass wir nicken und uns bedanken und ihm zur Freude fasziniert den herabtropfenden Kaffee anschauen. Auch der schmeckt gut, aber ich fange nach zwei so starken Tassen langsam an zu zittern. Zeit, weiterzuziehen. Wir bezahlen, bedanken uns euphorisch und verlassen das Café. Verfolgt von einem Lächeln mit vier großen, gelben Zähnen.

Wichtige Botschaft


Ich bin Botschafter für Deutschland.
Nicht so wirklich in der Botschaft. Also gar nicht, um ehrlich zu sein.
Aber immerhin für eine Organisation, die Leute aller Welt zusammenbringt, damit man die Sprache üben kann, die man gerne lernen möchte.

Hab davon gelesen, gesagt, daß ich mitmachen will, und schon bin ich dabei.
Mein erstes Ehrenamt.

Meine Aufgaben?
Alle, die Lust dazu haben, einzuladen. Mit Leuten aller Sprachen reden. Menschen zusammenbringen. Ansprechpartner sein.

Ich glaube, das kann ganz gut werden.

Ein Fazit


Der Koffer ist gepackt, und vom Herrn des Hauses habe ich mich schon verabschiedet, weil er morgen früh das Haus verlässt.
Um mich nochmal daran zu erinnern, daß es sich lohnt, hierher zurückzukommen, gab es ein rein vegetarisches Abendessen und zum Nachtisch einen Brotkuchen. Klingt komisch, war aber sehr gut! Mit Nüssen und Früchten drin und begleitet von meiner Lieblingseissorte: Maracuja.

Ich kann jetzt wirklich nichts mehr essen, aber daß es sich lohnt zurückzukehren, wußte ich auch schon davor.

Ich glaube, ich kann ein kleines Fazit wagen.

Buenos Aires! Eine Stadt, die man nicht unbedingt als schön bezeichnen kann. Sie ist dreckig und laut, teilweise heruntergekommen und ab und zu leiden die Geruchsnerven.
Und sie hat Magie!
An jeder Ecke entdeckt man etwas anderes, jede Straße hat ihren eigenen Charakter und manchmal wartet hinter dem nächsten Häuserblock etwas viel Schöneres, als man je erwartet hätte.
Buenos Aires ist spannend! Es ist immer irgendwas los. Die Stadt steht nie still.

Die Argentinier! Sind zuweilen etwas laut, vor allem die Frauen.
Und die Argentinier sind herzlich, offen und hilfsbereit.
Vielleicht hatte ich Glück und bin nur besonders netten Menschen begegnet, aber selbst die meisten Leute auf der Straße, die Kassierer in den Supermärkten, die Bauarbeiter, die Blumenhändler, die Bäcker… Nur wenige Ausnahmen waren nicht ausschließlich freundlich und gut gelaunt.

Das Klima ist unberechenbar und momentan extrem heiß. Die Moskitos bringen mich förmlich um. Aber wo Hitze zu viel ist, sucht man eben den Schatten.

Das Essen schwankt von geschmacksneutral bis hin zu exzellent. Fleisch können die Argentinier definitiv, sie beherrschen Lomo, Vacía, Cuadril und Co auf der Parrilla, daß selbst Vegetarier schwach werden.
Süßes können sie auch. Es gibt quasi nichts, was man nicht noch süßer machen kann (Äpfel mit Zuckerglasur UND Popcorn drumherum), niemand sollte Argentinien besuchen und wieder verlassen ohne Dulce de Leche probiert zu haben und das wunderbare Eis hier.
Die Pizza ist anders als in Italien oder Deutschland, aber wer auf viel Käse steht, wird sie lieben, und es gibt sie an jeder Ecke.
Und dann sind da ja noch Empanadas, Medialunas, Chimichurri, Alfajores, Facturas, Chorizo…
Nur mit Salz und Pfeffer muß man manchmal nachhelfen.

Die Kultur ist vielfältig. Argentinien ist ein großes Land, und in Buenos Aires findet man Menschen aus allen Gegenden. Ich kenne Leute aus dem Süden, aus Córdoba, Tucumán, Jujuy, Porteños… Alle haben ihre Eigenarten, andere Tänze, andere Musik, andere Spezialitäten, Dialekte. Zu glauben, daß alle Argentinier Gauchos sind, ist so wie das Vorurteil, daß alle Deutschen Lederhosen tragen. (Tatsächlich bin ich bisher sehr wenigen Gauchos begegnet.)
Nur Mate, den bitteren Tee, trinken wirklich die meisten, die ich kennengelernt habe.

Es gibt viele Gründe wiederzukommen. Viele Gründe, um überhaupt auf die Reise zu gehen.
Daß ich noch nicht fertig hier bin, ist wohl ziemlich offensichtlich.

Wein und mehr


Man hat schnell das Gefühl, daß die Menschen die Dinge hier mit guter Laune angehen. Zumindest sind die Leute in den Geschäften fast alle extrem freundlich und hilfsbereit. (Ich frage mich, ob sie einen vor lauter Hilfsbereitschaft auch in die falsche Richtung schicken würden, wenn man nach dem Weg fragt, und sie ihn eigentlich nicht wissen.)

Die gute Laune war auch deutlich auf meiner kleinen Weintour zu spüren. Ich bin eigentlich eher Biertrinker, aber was soll’s. Ist ja eine Möglichkeit, Leute kennen zu lernen. Also habe ich mich der Tour angeschlossen. Man zahlt, kriegt ein hübsches Rotweinglas und dann geht’s los. Von einem Geschäft ins nächste. Keine Weingeschäfte, sondern Klamotten- und Schmuckläden. In jedem wartete ein Sommelier mit drei bis fünf verschiedenen Weinen, Crackern und Käse.
Insgesamt acht Stationen. Ich kann nur soviel sagen: ich habe an dem Abend keinen getroffen, der es bis zur Acht geschafft hat. Ich selbst bin bis zur fünf gekommen.

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Und mit ein bißchen Wein spricht und versteht es sich auch viel besser auf Spanisch!