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Und dann war plötzlich Beethoven
Eine wichtige Touristenattraktion fehlte mir noch. Eines der ersten Gebäude, die viele ansteuern, blieb bisher von mir unbesichtigt.
Das Teatro Colón.
Berühmt für seine schöne Ausstattung, Architektur und vor allem Akustik.
Also mache ich mich auf den Weg und schließe mich einer der (gar nicht mal so günstigen) Führungen an. Selbstverständlich auf Spanisch.
Die Geschichte des Gebäudes, die Bedeutung, die das Theater Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hatte (hauptsächlich sehen und gesehen werden), und die Erklärungen zur Ausstattung sind wirklich interessant. Und der Saal, der sich sieben Etagen in die Höhe erstreckt, ist zwar kleiner als erwartet, aber wunderschön.
Trotzdem fehlt nach fünfzig Minuten Führung das Entscheidende: eine Klangprobe.
Mir wird klar, daß ich für das Geld der Führung auch eine Eintrittskarte hätte kaufen können, um mir etwas anzuschauen bzw. anzuhören. Sogar zwei. Denn die billigsten Plätze sind zwar ganz oben, aber aufgrund der guten Akustik qualitativ fast genauso wie die extrem teuren Plätze in der ersten Reihe (natürlich müssen die Augen noch dementsprechend mitspielen).
Und die Sache eilt. Denn am selben Tag feiert eine Verdi Oper Premiere, die aber nur fünfmal aufgeführt wird. Dann kommt Mitte Dezember Schwanensee, und dann geht der Spielplan erst im April weiter.
Am Folgetag beschließe ich also den Gang zum Ticketschalter. Um fünf Minuten vor fünf am Nachmittag stelle ich mich in die Schlange, um eine Karte für den Abend zu kaufen, da kommt ein Mitarbeiter des Theaters vorbei.
„Noch jemand für das Konzert um fünf?“ fragt er.
„Welches Konzert?“
„Jetzt um fünf gibt es ein Konzert im Theater. Gratis. Ich habe noch eine Karte.“
Und zack, rannte ich mit meinem frisch ergatterten Ticket in die sechste Etage des Teatro Colón.
Genau um fünf sitze ich atemlos in – für mich – schwindelnder Höhe, da geht es auch schon los.
Beethovens Zweite und Dritte. Ein Klavierkonzert, ein Riesenchor, wunderbare Solostimmen. Ich schließe die Augen und lasse die Töne durch den Raum bis zu mir nach oben kommen. Nichts geht verloren, dafür hört man auch, daß eine Violine manchmal etwas hinterher hinkt, und der ein oder andere Ton tatsächlich manchmal daneben liegt. Aber so leicht und so wenig, daß es kaum stört.
Und die Erklärung bekomme ich nach eineinhalb Stunden Konzert. Denn das war quasi die Abschlussprüfung für einige Orchestermitglieder, die bisher Musikstudenten der Universität waren. Da kann man den ein oder anderen Ton sicher der Aufregung zuschreiben.
Ich selbst kann mein Glück aber kaum fassen! Welch ein Zufall!
Beseelt fahre ich nach Hause.
Und Beethoven liegt sowieso viel leichter im Magen als Verdi.