Der Herbst naht


Es wird ganz klar Herbst, obwohl die Sonne heute scheint, und wir einen schönen Tag haben.
Aber Herbst auch, was meine Reise betrifft. Nur noch etwas über einen Monat, dann werde ich ins Flugzeug nach Deutschland steigen.
Geplant war eigentlich bis August, aber da gibt es Probleme mit dem Flug, und für einen komplett Neuen fehlt ein bißchen das liebe Geld.

Ich freunde mich ganz langsam mit dem Gedanken an.
Zumindest, Buenos Aires erstmal zu verlassen. Wieder ganz in Deutschland zu sein? Noch nicht richtig. Wenigstens wird es dort dann Sommer, das erleichtert mir das Ganze vielleicht.

Aber mein kleiner Kräutergarten wird ohne mich wachsen müssen, die Avocados reifen hoffentlich, aber ohne, daß ich sie probieren könnte.
Die Straßen, die ich mittlerweile so gut kenne, die Menschen, mit denen ich meine Zeit verbringe, die Stadt, die ich lieben gelernt habe, wird langsam vor meinem inneren Auge verblassen. Wird nur noch eine Erinnerung sein.

Ich darf noch nicht zu viel darüber nachdenken.
Aber es ist, wie es ist. Und das Leben hält sicher neue Abenteuer für mich bereit. Vielleicht soll es auch einfach so sein.

Reise in Sicht


Heute hatte die Sonne einfach keine Lust. Kann ja mal vorkommen.
Grau in grau war der Himmel, und der Wind kündigt baldigen Regen an.

Aber ich habe Grund zur Freude. Vorfreude!
Denn ich habe heute meine kleine Reise durch den Norden Argentiniens gebucht.
Am 03. April geht es los.
Und Alexa, die vergangene Woche dort war, hat mir mit ihrem Foto schon mal so richtig Geschmack gemacht:

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Mehr Fotos kommen dann von mir, wenn ich unterwegs bin.
Nur eine Woche noch! Ich freue mich!

Tigre, die Dritte


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Klar, daß ich als bekennender Tigre-Fan meinen Eltern das hübsche Flussdelta nördlich von Buenos Aires zeigen möchte.

Mein Vater will mit dem Zug fahren.
Eigentlich will er schon seit der Ankunft in Buenos Aires mit dem Zug fahren. Seine Konstante, an der er sich zu orientieren versucht (leider vergeblich, sorry Papa), ist der Hauptbahnhof, auch, wenn der nicht mal in der Nähe von dort, wo ich wohne, liegt.
Der Bahnhof und jegliche Form von Gleisen (neben einem guten Steak) scheinen eine magische Anziehungskraft auf ihn auszuüben.
Nur mal ein Stück will er fahren. Von einer Station zur nächsten. Warum auch immer…

Nun, da bietet sich der Ausflug an den Tigre an. Der Zug braucht etwa eine Stunde. Zwar fahren wir nicht vom Hauptbahnhof ab, aber mein Vater ist erfreut, lobt sogar das digitale Anzeigen-System am Bahnsteig, während meine Mutter im Zug ungläubig auf die uralten und verkratzen Sitze starrt. Manchmal gehen die Vorstellungen von Abenteuer eben auch nach über 30 Jahren Ehe noch auseinander. Aber kein Grund für Misstimmung. Im Gegenteil!

Der Tag ist herrlich sonnig, und am Tigre angekommen, spazieren wir am Fluß entlang, vorbei an den schönen Kolonialbauten, drehen eine Runde durch den kleinen Frachthafen und machen schließlich noch eine Bootsfahrt mit.

Diesmal nicht, wie bei meinem ersten Mal, in einem kleinen vier Mann Boot. Da hätten wir meine Mutter nicht hinein bekommen.
Aber auch, wenn das etwas größere Boot nicht in die Seitenarme fahren kann, kriegen wir einen schönen Einblick in das Leben am Rande des Tigres.

Und meine Eltern scheinen mit diesem weiteren Ausflug, inklusive heiß ersehnter Zugfahrt, rundum zufrieden zu sein.
Ich bin es auch.

Und so ein Wochenendhäuschen am Tigre…

Wein doch nicht


Wettervorhersagen sind hier so eine Sache für sich. Eigentlich stimmen sie so gut wie nie.
Innerhalb eines Tages kann der Himmel sich zuziehen und aussehen, als sei das größte Gewitter im Anmarsch, und wieder aufreißen als sei nichts gewesen (war ja dann auch nicht).
Und wenn es heißt, daß es heute regnet, kann das auch übermorgen sein oder nächste Woche. Das Wetter ist eben sehr argentinisch.

Ich sitze im Park, die Sonne scheint…und es tropft.
Ich laufe durch die Straße, die Sonne scheint…und es tropft.
Wieso tropft es ständig? Hat sich ein Vogel über mir geparkt?
Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht. Und das liegt nicht an der Unberechenbarkeit des Wetters. Nach einigen Tagen höchster Aufmerksamkeit und Recherche in freier Wildbahn wird mir klar, was da ständig auf mich einregnet.

Ein Baum!

Die Stadt ist im großen und ganzen ziemlich grün. Es gibt viele Alleen, die die Straßen säumen, und unter all den Bäumen ist auch einer, der regelrecht weint.
Umso wärmer es ist, umso mehr läßt er seine Tränen auf den Boden tropfen. Eben manchmal so viel, daß es sich wie ein Schauer anfühlt.

Auch wenn dieser Baum ein bißchen nervig ist, weil es ihn fast überall gibt, bin ich doch froh, daß die Quelle des ständigen Betropfens daher rührt, und nicht aus dem Hinterteil eines Vogels kommt…

Wer die Wahl hat


20131027-191854.jpg Die Märkte haben heute fast alle geschlossen. Heute wird gewählt. Parlamentswahlen.
Ich gehe mit Mirta. Ihr Wahllokal ist in einer Schule ein paar Blocks weiter. Ähnlich wie bei uns. Ungewohnt sind nur die Polizisten davor und die mit Maschinengewehren bewaffneten Damen und Herren im Inneren des Gebäudes. Aber sie lächeln. Heute ist ein sonniger Tag.

Die Wahlbeteiligung hier ist extrem hoch. Mirta erklärt mir, daß es schließlich auch ihr Recht sei. Sie dürfe wählen. Sie dürfe Einfluß auf die Regierungsgestaltung nehmen. Man müsse schätzen, wenn man in einer Demokratie lebt.
Außerdem müsse man eine Strafe zahlen, wenn man nicht wählen geht.

Die Restaurants und Cafés sind etwas leerer als sonst. Die Leute bleiben lieber zu Hause, nachdem sie ihr Kreuz gemacht haben, sagt Mirta. Denn es sei verboten, heute in der Öffentlichkeit über Politik zu reden. Und über manch andere Dinge auch. Aber da redet sie nicht drüber.
Immerhin, es ist ein sonniger Tag.