Sri Lanka 16 – Bye Bye Strand


Unsere Flüge sind immer noch bestätigt. Wir sind erleichtert. Heute Morgen bekommen wir ein letztes Mal Frühstück am Strand, ab heute Abend gilt eine Ausgangssperre bis Montagfrüh.
Hilda will uns Toast und Marmelade mit aufs Zimmer geben. Uns ist alles recht, wir sind immer noch dankbar, dass wir hier sein dürfen.

Es gibt hier zwar jeden Tag merklich weniger Touristen, aber auch die wenigen sind auf Nahrungssuche. Viele wollen bei Hilda essen, obwohl man deutlich sieht, dass geschlossen ist. Wir sitzen schon im hinteren Bereich, und trotzdem zeigen andere Gäste auf uns; wir würden ja schließlich auch bedient. Hilda verscheucht sie und sagt mit Blick auf uns: Das sind meine Kinder!

Wir telefonieren nach dem Frühstück mit Ranga, der zu Hause und gerade nicht am Strand ist. Wir wollen wissen, ob es wirklich OK ist, wenn wir heute nochmal baden gehen und uns draußen vorm Restaurant aufhalten. – Ja, selbstverständlich. Nutzt den Tag noch, es ist alles gut.
Und wir fragen ihn wegen der Fahrt zum Flughafen. – Das ist kein Problem, sein Vater macht das. Er schaut, dass alles rechtzeitig klappt.
Und dann die Sache mit der Bezahlung. Wir haben noch umgerechnet ca 200€ in Rupies, aber wir wollten nochmal abheben, was wir nun nicht mehr können. Ich kann ihm aber US Dollar anbieten, die ich noch dabei habe. – Kein Problem. Ihr könnt mir auch das Geld überweisen, wenn Ihr zu Hause seid. Jetzt entspannt Euch mal und genießt noch den Tag.

Wir sind zu Tränen gerührt. Es ist wirklich beeindruckend, was die Menschen hier für uns tun. Mehr als wir hoffen könnten.

Wir verbringen den Nachmittag am Strand, weit weg von den anderen wenigen Touristen. Wir bleiben sogar einmal so lange im Wasser, bis sie den Strandabschnitt verlassen haben, weil sie genau neben unseren Liegen stehen. Wir können es uns jetzt nicht leisten, uns anzustecken. Wir müssen noch zwei Tage durchhalten und vor allem wollen wir Ranga und seine Familie nicht gefährden.

Gegen drei kommt Ranga vorbei und sagt uns, dass ich mit zur Polizei kommen muss. Er braucht einen Passagierschein, damit sein Vater uns am Montagmorgen an den Flughafen fahren darf – und vor allem wieder zurück kommt ohne Strafe. Dafür muss ich mit meinem Pass und der Buchungsbestätigung persönlich zur Polizei.

Ranga sagt mir auf der Fahrt, dass er nicht weiß, wie die Leute jetzt auf mich reagieren. Die Menschen sind verunsichert und wollen sich weit weg von Europäern wissen.
An der Polizeistation müssen wir erstmal gründlich Hände waschen. Ich soll mich draußen hinsetzen, heißt es dort, und Ranga spricht mit dem Polizisten.
Wir kriegen keinen Passagierschein. Den kriegt man wohl nur, wenn man direkt auf dem Weg ist. Wir müssen also am Montagfrüh wiederkommen und hoffen, dass alles klappt.

Solange wir mit ihm Auto sitzen, sei es kein Problem, da Fahrten zum Flughafen erlaubt sind und das Beweis genug sei, aber der Vater könnte auf der Rückfahrt im leeren Auto Probleme bekommen – und das wollen wir auf keinen Fall.

Wir nehmen Abschied vom Strand. Die nächsten Tage verbringen wir auf dem Balkon. Auch ok.

Die Tochter von Hilda mit ihrer Familie trifft am späten Nachmittag auch noch ein. Sie wohnt in Colombo, aber Hilda will ihre Familie zusammen haben. Ranga sagt mir, dass die Schwester der Entscheidung uns aufzunehmen skeptisch gegenüber stand. Können wir verstehen. Trotz der liebevollen Fürsorge, die wir hier erfahren, wissen wir, dass wir in diesem Land nicht mehr erwünscht sind.
Und es sind noch zwei Tage!

Während in Bayern die Ausgangssperre verhängt wird, bekommen wir eine Email von der Botschaft. Angehängt sind die Fluglinien und die geplanten Flüge in den nächsten Tagen. Auch, wenn keine Flugnummern aufgelistet sind, steht doch unverändert da, dass Emirates bis Montag drei Flüge am Tag nach Dubai durchführen wird. Wir sind also weiterhin voller Hoffnung.

Sri Lanka 14 – Zurück zum Start


Innerhalb der nächsten sieben Tage sollen wir erfahren, wie es weitergeht. Wir sind sprachlos. Zum Glück dauert es nicht so lange. Nach knapp zwei Stunden erhalten wir eine Mail, dass wir einen Tag später um die selbe Zeit fliegen sollen. Allerdings nur von Colombo nach Dubai, der Anschlussflug wurde nicht geändert und ist immer noch am Tag vorher nach Hamburg.

Da es schon spät ist, als die E-Mail kommt und wir im online Buchungssystem von Emirates nichts selbstständig ändern können, beschließen wir, uns morgen darum zu kümmern. Schweren Herzens. Denn so eine Unsicherheit ist zermürbend und die Angst, dass wir nicht nach Hause kommen, groß.

Am nächsten Morgen gibt es im Buchungssystem eine Änderung. Unser Anschlussflug wurde zwar dem Tag angepasst, allerdings sollen wir nun um 09:50 in Dubai landen, aber schon um 08:30 weiterfliegen nach Düsseldorf. Unmöglich also. Wir überlegen, was wir tun können. Direkt zum Flughafen fahren? Abwarten? Anrufen!

Wir fragen in der Unterkunft, ob wir im Emirates Büro in Colombo anrufen dürfen. Dürfen wir.
Der Besitzer der Unterkunft zeigt uns das Telefon. Die nächste Dreiviertelstunde verbringe ich in einer Kammer, die von Schimmelgeruch getränkt ist und ca. 50 Grad heiß ist. Ich hänge erstmal mehr als 20 Minuten in der Warteschleife bis jemand rangeht. Ich schildere ihr unsere Situation und sie entschuldigt sich für den Fehler. Nun gilt es, ihn zu lösen. Wir reisen egal wohin nach Deutschland, sage ich ihr. Hauptsache nach Hause. Wir können morgen schon fliegen, wenn es geht.
Geht es aber leider nicht. Der nächste Flug ist am Montag, dann nach München. Sie bucht uns dort aber fest ein. Immer wieder legt sie mich in die Warteschleife, ich bin pitschenass  – sowohl von der Hitze als auch von der Anspannung.

Online können wir sehen, dass unsere Buchung tatsächlich geändert ist. Montag also über Dubai nach München. Zwei Tage später als geplant. Nie kamen uns zwei Tage so lang vor wie in diesem Moment. Aber immerhin.
Nur, wo verbringen wir nun die nächsten fünf Tage? Wir hatten eigentlich drei Nächte in Negombo gebucht, um dann von dort zum Flughafen zu fahren. Aber fünf?
Nein, wir wollen jetzt da sein, wo wir uns wohlfühlen, wo wir wissen, dass wir gut aufgehoben sind.
Ich schreibe Ranga an. Kurz darauf ruft er per WhatsApp an.

Ich erkläre ihm unsere Situation. Er selbst erzählt mir, dass sie das Restaurant schon schließen und keine Gäste mehr aufnehmen. Es wird ihm zu heikel, seine Eltern sind alt und er will sie nicht gefährden.
Aber wir seien ja nun schon zwei Wochen im Land. Symptomfrei? – Ja! Wir fühlen uns völlig gesund.
Dann sollen wir morgen kommen. Das Appartement ist frei und wir können bis zum Abflug bleiben. Er wird auch dafür sorgen, dass wir was zu Essen bekommen, auch wenn vieles jetzt schließt. Wir sind so dankbar!

Wir buchen einen Fahrer für den nächsten Tag, brauchen aber noch den Rest des Tages, um alles zu verdauen. Wir checken regelmäßig alle Entwicklung im In- und Ausland, sind permanent informiert. Viele schreiben uns, dass wir bestimmt bald zurück geholt werden von der Regierung.
Nein. Leider gilt die Rückholaktion nicht für Sri Lanka. Wir haben uns bereits in der Krisenliste eingetragen und eine entsprechende E-Mail von der Botschaft in Colombo erhalten. Immerhin ist der Grund, dass die Regierung hier nicht tätig wird, weil immer noch kommerzielle Flüge gehen. Ein Hoffnungsschimmer.

Der Flughafen in Colombo ist mittlerweile für Einreisen gesperrt. Es kommen nur noch Leerflüge an, um Touristen rauszufliegen. Auch das sehen wir als positiv. Man will uns ja weg haben.
Auch Emirates bestätigt, dass bis Samstag täglich vier Flüge nach Dubai gehen, danach täglich drei.

Am nächsten Morgen überschlägt sich der Koch nochmal beim Frühstück und tischt uns ein sensationelles Omelette auf. Der Tag startet gut und nach dem Frühstück werden wir vom Fahrer abgeholt.
Er trägt ein Tuch um den Mund, dass er immer, wenn wir sprechen, versucht etwas höher zu ziehen. Er hat scheinbar Angst, dass wir ihn infizieren könnten.
Endlich kommen wir in Paradise Bay bei Ranga an. Seine Mutter Hilda begrüßt uns – nicht per Umarmung oder per Handschlag, aber mit einem herzlichen Lächeln. Das erste, das sie auf Deutsch sagt: „Scheiße Corona!“
Ja, recht hat sie!

Aber wir sind wahnsinnig froh, dass wir hier sind. Es ist fast ein bisschen wie nach Hause kommen. Jetzt wird alles gut.
Ranga sagt, dass er sich Sorgen um uns gemacht hat und froh ist, dass er uns die letzten Tage hier noch Unterschlupf geben kann. Wir auch!

Den Nachmittag verbringen wir am Strand. Es ist lang nicht mehr so viel los wie bei unserem ersten Besuch, aber es gibt noch Touristen, die in den Unterkünften rund herum sind. Man hält höflich Abstand voneinander. Jetzt nur nicht krank werden! Bei den kleinsten Anzeichen kommen wir hier für zwei Wochen in Quarantäne – das Letzte, das wir wollen!
Ranga muss unsere Pässe kopieren und uns bei der Polizei registrieren. „Hier gibt es nicht so Menschenrechte wie in Deutschland“, sagt er. „Hier können sie sehr schnell einfach Dinge beschließen und machen.“
Die ersten Ausgangssperren rund um Colombo sind verhängt, unter anderem in Negombo. Wie gut, dass wir nicht dorthin gefahren sind.

Abends kocht uns Hilda, aber es gibt keine Auswahl. Salat und Reis. Egal. Hauptsache Essen. Rangas Frau fragt, ob wir was trinken wollen. – Weißwein wäre toll.
Den müsste man besorgen. – Wir können ja zum Getränkeladen laufen.
Nein, sagt Rangas Vater. Die Menschen sind verunsichert und Weiße nicht mehr überall gern gesehen. Erst recht nicht bei Dunkelheit. Er fährt mit dem Roller und holt uns Wein, ihm sei sowieso langweilig.

Noch vor zwei Wochen sind wir hier im Dunkeln die Straßen entlang spaziert und wurden freundlich von den Einheimischen gegrüßt. Es hat sich so viel und so schnell verändert.

Als wir mit unserem Wein auf dem Balkon sitzen, lassen wir den Tag Revue passieren. Es ist alles verrückt. Wir kriegen viele Nachrichten aus der Heimat. Viele machen sich Sorgen, fragen, wie es uns geht.
Mein Arbeitgeber drückt die Daumen, dass alles klappt und bietet Hilfe an sofern möglich, sollte ich irgendetwas benötigen. Kollegen melden sich und machen uns Mut. Einige schreiben auch, dass wir lieber da bleiben sollen, weil Deutschland so chaotisch ist. Ich verstehe den Gedanken, aber hier fängt es genauso an. Und dann sitzen wir in einem fremden Land, wir sprechen die Sprache nicht, die Menschen fangen an, uns gegenüber argwöhnisch zu werden, die medizinische Versorgung hier geht gegen null. Und da sollen wir bleiben? Nein, wir wollen so schnell wie möglich nach Hause!
Aber unsere Flüge sind für den Montag bestätigt, das checken wir im Stundentakt online. Es wird alles gut.

Und dann bekommen wir eine Mail: Flug von Colombo nach Dubai am 02. April!

Sri Lanka 3 – Das ist wirklich nicht deutsch


Unsere ersten drei Nächte nähern sich dem Ende und am nächsten Tag soll es weitergehen nach Kandy. Eine Unterkunft haben wir sogar schon gebucht. 7€ pro Person und Nacht – Mal sehen, was das wird.

Jetzt müssen wir dort nur noch hinkommen. Es sollen ca. 4 Stunden mit dem Auto sein. Also fragen wir Ranga, ob er einen Fahrer für uns hat. Er organisiert uns einen, sagt er, während er unsere Bestellung fürs Abendessen aufnimmt.

Wir bestellen alle gebratene Nudeln und bekommen… gebratenen Reis. Macht nichts, sagen wir. Schmeckt doch auch gut. Ranga ist erleichtert, dass wir uns nicht beschweren. Seine Mutter ist nicht da und er regelt den Laden allein mit seiner Frau.
Für die Verwechslung der Bestellung bringt er uns dafür noch diverse Beilagen wie Currys und Chutney vorbei. Wir sind happy.

Nachdem die restlichen Gäste das Restaurant am Strand verlassen haben, besprechen wir nochmal den nächsten Tag. Was wir denn genau machen wollen, fragt Ranga. – Na, wir wollen von Beruwala nach Kandy fahren.
Und was wollen wir auf dem Weg sehen? – Keine Ahnung, was gibt’s denn?
Naja, Teefabriken und Kräuterfabriken. – Ne, dann einfach direkt nach Kandy.
Und dann? – Dann wollen wir zu diesem Berg, dem Sigi… sigiwalalaala oder so.
„Na, Ihr seid ja wirklich gut vorbereitet!“ meint Ranga. „Und da wollt Ihr übernachten?“ –  Nein, nur einen Tagesausflug. „Aber das ist weit!“ – Also, Google Maps sagt 90km, also 2 Stunden. „Ja, ja auf deutschen Autobahnen vielleicht… Also, ich will es ja so nicht sagen, aber Ihr seid wirklich nicht deutsch – Ihr seid einfach so Chillas, so entspannt und planlos sind sonst keine Touristen!“

Wir lachen uns schlapp. Er verspricht uns, dass er uns einen Fahrer organisiert. Im Notfall fährt uns sein Vater.
Zwei Frauen kommen vorbei, die in der Nähe Ayurveda machen. Was wir noch so vorhaben, fragen sie. Ranga antwortet für uns: „Die braucht Ihr nicht fragen, die haben eh keinen Plan.“ Als die beiden weg sind, meint er: „Das ist super für uns. Ayurveda macht, dass die zwei Wochen verhungern und dann kommen die zu uns ins Restaurant und essen alles.“

Er stellt uns eine Flasche Wein auf den Tisch, bittet uns, den Tisch und die Stühle nachher wegzuräumen und die Gläser reinzustellen. Er fragt, ob wir Insektenspray haben. Ja, das haben wir. Aus Deutschland mitgebracht. Völlig ungläubig ruft er: „Aber die Moskitos sind doch aus Sri Lanka!“ Und stellt uns drei verschiedene Insektenspray hin. Er lacht. In seinem sehr guten Deutsch mit Akzent sagt er: „Ich würde gerne noch bleiben ein bisschen lange… Aber mein Kind muss ins Bett.“

Wir leeren die Flasche. Morgen geht’s zum Frühstück und mal sehen, ob wir einen Fahrer haben. Grundsätzlich würden wir auch gerne noch bleiben ein bisschen lange, aber die Reise geht nun mal weiter. Bestimmt.

Sri Lanka 1 – Sie schließen die Grenzen


Corona geht um. Vielen wird vom unnötigen Reisen abgeraten. Das konnten wir ja nun wirklich nicht wissen, sonst hätten wir die Flüge erst jetzt gebucht; wäre bestimmt billiger gewesen. Und nötig ist unsere Reise, denn wir brauchen Urlaub.

„Sri Lanka, toll!“, sagen die meisten. „Was habt Ihr gebucht? Ayurveda? Eine Rundreise?“ – „Nein. Bis jetzt Flüge und zwei Nächte am Strand, der Rest ergibt sich.“ Irritierte Blicke.

Und so geht es los. Während meine Mutter warnt, wir flögen ja direkt ins Corona-Epizentrum und die Tante meiner Mitreisenden ein panisches „Sie schließen die Grenzen!“ ausstößt, werden wir in den nächsten zweieinhalb Wochen anderes erleben.

Nach einer langen Reise auf einem relativ leeren Flug in Colombo angekommen, werden wir tatsächlich schon erwartet. Unser Homestay hat uns einen Shuttle organisiert, für den wir dankbar sind. Es ist immerhin schon Abend und noch zwei Stunden Fahrt liegen vor uns.

In Beruwala werden wir dann mit großer Herzlichkeit empfangen. Das kleine Hotel liegt direkt am Strand und hier werden wir auch morgen frühstücken. Ob wir schon Pläne für die nächsten Tage haben, fragt Ranga, unser Gastgeber. Ja, entspannen, mehr Pläne gibt es nicht.

An diesem Abend geht nicht mehr viel. Die Nacht ist heiß und unruhig, aber die Müdigkeit so groß, dass ich trotzdem schlafen kann.

Am nächsten Morgen sitzen wir gegen elf beim Frühstück, mit den Füßen im Sand fragen wir Ranga, was er für Empfehlungen hat für die Gegend. Naja, man könne in die Kräuterfabrik und Teefabrik und dieses und jenes besichtigen… Nein, bitte keine Butterfahrten. Wir wollen Natur und Menschen, aber bitte keine Verkaufsaktionen. Er ist erstaunt. Normalerweise wollen die Touristen das, aber in der Nähe gibt es eine Buddhastatue, die man sich anschauen kann. Die größte des Landes und man kann einfach am Strand langlaufen. Das klingt schon besser. Zuerst aber testen wir den Entspannungsfaktor des Strandes. Ergebnis: hoch.

Abends brechen wir dann auf Richtung Buddhastatue. Am Ende des Strandes links und dann noch zwei Kilometer ins Dorf rein. Rangas Beschreibung ist einfach, aber treffend und auch, wenn die Tuk Tuk Fahrer uns lieber fahren würden – wir laufen.

Die Statue ist… groß. Schönheit liegt ja schließlich im Auge des Betrachters.

Das Highlight des Tages erwartet uns aber bei unserer Rückkehr an den Strand. Alles ist in ein gelb-rotes Licht getaucht. Es sieht unwirklich aus und einfach faszinierend schön (ich spreche hier für die Augen mehrerer Betrachter). Die kleinen Felsen im Wasser brechen die rötlichen Wellen und der Sand leuchtet gelb.

Wie in einer künstlichen Welt und doch sind wir mitten drin.Der erste Tag war genau das, was wir wollten. Bei Ranga gibt es nun noch Reis und Curry von Mama Hilda, serviert mit einem Lachen und Freude daüber, dass es uns gut gefällt. Woanders schließen sie vielleicht die Grenzen – wir stoßen auf offene Herzen.

Butter statt Pfeffer


Unser geplanter Ausflug wurde mangels Teilnehmer um einen Tag verschoben. Nicht so schlimm, dann widmen wir uns dem Strand. Trotzdem freuen wir uns auf unsere kleine Tour durch den Norden der Insel. Schließlich sollen wir lernen, wie der hiesige Pfeffer angebaut und produziert wird, wie man Austern züchtet und Honig macht. Darüber hinaus haben wir eineinhalb Stunden an einem der angeblich schönsten Strandabschnitte der Insel und besuchen einen Nationalpark.

Am entsprechenden Morgen stehen wir also pünktlich mit Bikini und Handtuch in der Tasche parat und warten auf unseren Tourguide.

Es hat die Nacht durchgeregnet. Und nicht nur ein bisschen, sondern so, als würde sich alles Wasser der Welt über der Insel ergießen. Immer, wenn man dachte, dass es nicht stärker werden könne, legte der Himmel noch einen drauf. Ohrenbetäubende Lautstärke.

Jetzt ist es aber trocken und warm sowieso. Wir sind also guter Dinge.

Unser kleiner Ausflugsbus kommt pünktlich, außer uns sind noch sieben weitere Personen dabei. Los geht die Fahrt. Als erstes besuchen wir die Pfefferfarm, sagt der Guide. Mehr sagt er nicht. Auch nicht viel mehr, als wir auf der Pfefferfarm sind. Nur, dass das eine Pfefferpflanze ist und da der Shop, wo wir ihn kaufen können.

Austern sehen wir gar keine, wir werden direkt zum Perlenladen geschleust.

Rein in den Bus, 200 Meter Fahrt, raus aus dem Bus. Von einem Shop in den nächsten. Schnell wird uns klar, dass das hier nicht der Ausflug ist, den wir uns erhofft hatten, sondern eine vietnamesische Butterfahrt. Lediglich auf der Bienenfarm können wir etwas zwischen den Bienenstöcken herumlaufen und man öffnet uns den Deckel, damit wir reinschauen können. Da dort aber wieder mal kaum jemand englisch spricht, kann uns auch niemand unsere Fragen zur Produktion beantworten.

Inzwischen hat es wieder angefangen zu regnen. In den Nationalpark können wir so nicht, sagt der Guide. Zu nass.

Entschuldigung? Das ist das einzige, was den Tag noch retten kann.

Vielleicht später, sagt er. Erstmal fahren wir an den Strand. Dort gibt es Mittagessen. Na toll. Bei Regen an den Strand.

Eigentlich dachten wir, dass „Essen am Strand“ irgendwas idyllisches mit Picknick-Atmosphäre ist, wir werden aber in ein Restaurant gekarrt, dass am Fließband Anreisende versorgt. Wir kriegen einen Teller Nudeln mit Sellerie. Wenigstens gibt es ein Bier dazu. Das brauche ich gerade wirklich. Nach dem Essen haben wir noch eine Stunde Zeit, sagt der Guide. Wir könnten uns ja den schönen Strand anschauen. Immerhin hat es aufgehört zu regnen.

Wir gehen also runter zum Strand – und sind regelrecht erschlagen! Erschlagen vom Geruch nach Müll, vom Plastik, das überall herumliegt, von der Öllache, die über ein Rohr ins Meer sickert, von den Ölringen, die sich bereits auf dem Wasser gebildet haben. Hier wären wir auch bei schönstem Sonnenschein nicht reingegangen.

Wir laufen noch etwas weiter und sehen ein Fleckchen, das einst schön gewesen sein muss. Wie stumme Zeugen einer anderen Zeit stehen hier verwitterte Holzliegestühle in einer kleinen Bucht, mittlerweile ebenfalls umgeben von Müll. Es erinnert uns an die hübsche Anlage, durch die wir täglich zum Strand laufen, die offenbar dem Tode geweiht ist, denn das schnelle Geld liegt nicht in der Bewahrung der Natur und Umgebung, sondern der Massenabfertigung in großen Betonhotels.

Der Umgang mit dem Tourismus auf der Insel ist fatal.

Auf der Weiterfahrt kommen wir an einer Ebene vorbei, auf der sich nur Straßen befinden. Was einst hier stand, wurde abgeholzt. „Hier entsteht eine neue Stadt“, sagt der Tourguide. Und ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis die Natur hier komplett der Gier gewichen ist.

Schließlich können wir doch noch in den Nationalpark. Dafür hätten wir aber auch keine Tour gebraucht. Wir gehen lediglich auf einem Pfad nicht mal einen Kilometer durch den Regenwald spazieren. „Früher gab es hier Tiger“, sagt der Tourguide. „Aber die sind zum Glück alle tot oder in Laos. Es gibt keine Tiger mehr in Vietnam. Dafür hat die Army schon gesorgt. Die Krokodile hier haben wir alle in ein Gebiet getrieben. Das ist jetzt eingezäunt. So haben wir unsere Ruhe vor ihnen.“

Ich habe genug gehört. Zum Glück sind wir um kurz nach drei schon zurück an der Unterkunft. Die Sonne scheint mittlerweile und wir legen uns nochmal an unseren Strand, der offenbar zu den wenig noch schönen Orten der Insel gehört.

Ich mache das selten, aber hiermit appelliere ich an alle Reisenden: fahrt nicht dorthin. Unterstützt den Wahnsinn nicht. Wer an den Strand will… auf Malle ist es auch schön!