Norwegen Tag 1


Arbeit kann ja manchmal wirklich cool sein. Wenn man auf eine Schiffsreise nach Norwegen geschickt wird zum Beispiel. 
Ich bin am Abend vorher tatsächlich etwas aufgeregt. Klappt alles? Ist der Anschlussflug von Oslo nach Tromsø nicht zu knapp gebucht worden? Irgendwann schlafe ich dann doch ein. 

Um halb fünf klingelt mein Diensthandy. Das klingelt nicht allzu oft und schon gar nicht nachts. Ich schaue aufs Display: eine mir unbekannte Nummer mit dem Hinweis „aus Rumänien“. Ich nehme nicht an. Es klingelt wieder. Ich drücke weg. Auf so was lasse ich mich gar nicht erst ein. Zwei Nachrichten auf der Mailbox, beides Mal Rauschen. Ich kopiere die Nummer und gebe sie in die Google-Suche. Kein Treffer, nur Foreneinträge über Betrugsanrufe aus Rumänien. Prima. Das ist genau das, was ich um die Uhrzeit brauche. Die Nacht ist quasi vorbei, ohne weiteren Schlaf stehe ich um 6 auf. 

Das Taxi ist pünktlich. Der Flug nach Kopenhagen auch. Von Kopenhagen nach Oslo auch kein Problem. Und dann Oslo – Tromsø. 

Planmäßige Ankunft 12.55 Uhr, nächster Abflug 14 Uhr. Und ich muss dort meinen Koffer vom Band holen, durch den Zoll, neu einchecken und durch die Sicherheitskontrollen. 

Der Flug ist etwas zu spät, und auf dem Kofferband sind viele Koffer, nur nicht meiner. Die Zeit tickt. Nur noch 25 Minuten. Noch kein Koffer. Ich bin nicht die Einzige, die wartet, aber offenbar die Einzige mit einem solchen Kamikaze-Anschlussflug. 

Noch 20 Minuten. Noch 15 Minuten. 

Mein Koffer kommt. Ich renne wie eine Irre durch den Zoll, wo genau niemand steht, den es interessiert. Treppe hoch, Koffer abgeben. „Nein“, sagt die Dame. „Das schaffen Sie nicht. Sie müssen Ihren Flug umbuchen.“

Ich gehe also zum Serviceschalter. Und die Dame dort macht einen Anruf und sagt dann zu mir: „Das schaffen Sie.“ 

Sie rennt voraus. Genau genommen dackelt sie voraus, denn sie hat einen lustig vorgebeugten Gang. Sie schummelt meinen Koffer aufs nächste freie Band und weg ist er. Aber ich bin noch da. Es ist zehn vor. 

Sie bringt mich zur Security und gibt mir einen Fast Lane Pass, und zum Glück nehmen die Norweger mich nicht wie die Hamburger auseinander. Wobei das mit einer kompletten Ausrüstung mit Mikro, Aufnahmegerät, Fotokamera mit mehreren Objektiven und Laptop irgendwie verständlich wäre.  

Ich renne. Und renne. Mit gefühlten 20 Kilo auf den Schultern. Und verdurste nahezu. Natürlich ist das Gate weit hinten. Laut keuchend, schweißgebadet und völlig fertig komme ich an. Wo ist mein Applaus? Wo ist das Empfangskomitee? Ich schiebe mich schnell durch die Ticketkontrolle. Rein ins Flugzeug. Tür zu. Es ist zwei vor Zwei. 

Ich falle in meinen Sitz während die Stewardess die Sicherheitsregeln erklärt und mir wird klar, dass ich noch nicht mal die Hälfte dieses Tages geschafft habe. 

Aber immerhin: Tromsø, ich komme!